Oberprechtal 1920 |
Ernest Hemingway war im Jahr 1922 als Korrespondent vom Kanadischen „Toronto Star“ in Paris tätig. Er verließ mit einem Kollegen, Bill Bird, nebst Ehefrauen im August das heiße, stickige Paris, um über Straßburg und Freiburg eine Schwarzwaldwanderung mit Forellenfischen zu unternehmen. Nachdem man in Triberg schon erste Erfahrungen mit der typischen deutschen Bürokratie wegen des Fischens gemacht hatte, stand eine Wanderung ins Oberprechtal an, wie Hemingway erählt:
„Nach einer
siebenstündigen Wanderung von Triberg erreichte die illustre Gesellschaft einen
steilen Waldhang. Ganz in der Nähe lag
eine Lichtung mit einer Sägemühle und einem Gasthaus, dem Forellenhof. Die
Wanderer waren hungrig, betraten die Wirtsstube und wandten sich mit der Bitte
an die Wirtsleute, ihnen zwei Doppelzimmer zu vermieten. Der Wirt lehnte brüsk
ab: „Ihr kriegt hier kein Zimmer, nicht heute, nicht morgen niemals, ihr
Ausländer“. Die Unfreundlichkeit ging soweit, dass er den Wanderer nicht einmal
den Weg zum nächsten Gasthaus nannte oder auch nur die ungefähre Entfernung
andeutete. Die Amerikaner bekommen hier den Groll der Einheimischen gegen die
Siegermacht des 1. Weltkriegs zu spüren. Ohne den Hunger gestillt zu haben, zog
man unverrichteter Dinge wieder ab und ging weiter in Richtung Oberprechtal.
Nach 6 km heißer staubiger Straße kehrten die Touristen
im Gasthaus „Rössle“ im Oberprechtal ein und stärkten sich mit einer
ordentlichen Mahlzeit, wie dies im „Toronto Star“ berichte wurde: „Sie wurde
vom Wirt selber aufgetragen, der unerschütterlich wie ein Ochse aussah und
mitunter mit dem Suppenteller in der Hand stehen blieb und wie abwesend aus dem
Fenster starrte. Seine Frau hatte ein Kamelgesicht, genau die unverwechselbare
Kopfbewegung und den Ausdruck äußerster Stupidität, die man nur bei
Trampeltieren und süddeutschen Bauersfrauen beobachten kann“.
Die Erfahrung
mit den Schwarzwälder Gastwirtschaften hält Hemingway ebenfalls fest: „Alle
diese Gasthäuser sind weiß getüncht und sehen von außen ordentlich und sauber
aus, aber innen sind sie schmutzig, eins wie das andere. Die Bettlaken sind zu
kurz, die Federbetten zu klumpig, die Matratzen hellrot, das Bier gut, der Wein
schlecht. Beim Mittagessen muss man vorsichtig sein und aufpassen, dass das
Stück Brot, das man erwischt, nicht sauer ist. Der Wirt versteht nie, was man
sagt, seine Frau bindet sich die Schürze während sie den Kopf schüttelt. Die
Deckenplatten sind schwarz vom Rauch. Die Hühner scharren im Vorgarten, und der
Misthaufen dampft unter dem Schlafzimmer“.
In den Tagen im
Oberprechtal hatten Hemingway und sein Begleiter William Bill Bird sich
Angelkarten besorgt, wurden aber von Bauern mit Mistgabeln verjagt, da sie
Ausländer waren. Die Nachwehen des verlorenen Krieges mit all ihrem Elend
zeigten auch ihre Wirkung. Wurde er erwischt konnten am Schluss im
inflationsgeplagten Deutschland bei Bauern und Behörden nur ein paar
Dollarnoten weiterhelfen. Nur selten konnte er mit Erlaubnis eines Pächters
angeln.
Hemingway
beschrieb aber auch, dass er mit seiner Frau gewandert war und am oberen Tal
mit einem schönen Forellenbach herauskam. Kein Bauernhof in Sicht, er steckte
die Angelrute zusammen, seine Frau hielt talaufwärts und -abwärts Wache, und so
konnte er seine Forellen fangen.
Aber heute alles vergessen,
denn voller Stolz hängen im Gasthaus „Rössle“ im Oberprechtal die Bilder und
Zeitungsartikel vom Kanadischen „Toronto Star“ vom Besuch Hemingways und seiner
Begleitung.