Heuhütten bei Obertsrot Ätzenbach
Nach den
gewaltigen Verheerungen des 30-jährigen Krieges war die stark verminderte
Bevölkerung im Schwarzwald nicht in der Lage, den Bevölkerungsausfall aus
eigener Kraft zu ersetzen. Dies übernahmen die Schweizer und Tiroler Alpen, die
von diesem weniger berührt waren. Überbevölkerung und falscher Glauben trieb
die Bevölkerung aus ihren Alpentälern. Beispielsweise hat Erzherzog von
Steiermark, Kärnten und Krain 1598 auf Anraten der Bischöfe ein Edikt erlassen,
das die Untertanen vor die Wahl stellte, innerhalb von zwei Jahren zum
Katholizismus zurückzukehren oder ihr Hab und Gut zu verkaufen und untern Abzug
von 10 % vom Erlös auszuwandern.
Im
Nordschwarzwald lagen ergiebige und unberührte Wälder, die genutzt werden
wollten. Dem rauen Klima und mageren Boden waren die Entbehrung gewohnten
Alpenländerbewohner noch am ehesten gewachsen gewesen. So kamen sie vor allem als
Holzfäller, Flößer, Glasmacher, Pottaschebrenner und als Bergleute. Sie haben
bei der Erschließung und Besiedelung entlegener Schwarzwaldtäler ihren Anteil.
Das galt auch für das Murgtal, in dem zahlreiche Tiroler Einwanderer
festgestellt wurden. Schon bei der Gründung von Freudenstadt 1599 kamen die
Neusiedler aus der Steiermark und Kärnten.
Im 18.
Jahrhundert veränderte sich mit zunehmender Bevölkerung die Nachfrage nach Holz,
zum einen nach Scheiter- oder
Klafterholz als Brennholz zum anderen von Langholz zum Bauen und darunter vor
allem die „Holländer“ für den Schiffsbau und Bau von Hafenanlagen. Überall
wurden Bäche und Flüsse floßbar gemacht, um die Nachfrage zu befriedigenden. Nicht
zu vergessen die zahlreichen Sägewerke, die die Bretter als Oblast auf den
Flößen sägten. Ganze Familien lebten nur von der Arbeit mit und vom Holz. Es
waren besonders die großen Flößergesellschaften, Dürr in Rastatt, die Calwer
Companie und die Murgschifferschaft, die „billige Arbeitskräfte“ in diese
unwirtschaftliche, abgelegenen, dem Urwald gleichenden Gegend, heranzogen und
sie daselbst sesshaft machten.
Während die
Männer der harten Arbeit mit dem Holz nachgingen, sorgten die Frauen, dass
wenigstens ein karges Mahl auf den Tisch kam. Auf ihren kleinen Parzellen, die
mühsam dem Wald abgerungen wurden, konnte selten Ackerbau betrieben werden. Die
Böden waren steil und karg, die Wiesen mager. Die Steinbrocken wurden für
Trockenmauern verwendet. Für die Beweidung des Viehs waren die Wiesen zu steil.
So wurden sie nur für die Graswirtschaft bearbeitet, um eine oder zwei Ziegen
und vielleicht eine Kuh durchzufüttern. Ihre kleinen Behausungen eigneten sich nicht
für den Heuvorrat. Deswegen wurden in den engen, steilen Seitentälern kleine
Heuhütten aus Holz erbaut. Die Bauweise der Hütten stammt ursprünglich aus
Tirol und wurde von Einwandern mitgebracht. Hier lagerte das Heu, bevor es im Winter
mit einem Schlitten oder auf dem Rücken in einem hölzernen Tragekorb wieder ins
Tal gebracht wurde.
Da die Heuhütten
seit den 60er Jahren nicht mehr gebraucht wurden, die Heuhüttentäler nicht mehr
bewirtschaftet wurden, sind die Hütten leider dem Verfall preisgegeben. Findige
Großstädter kauften Wiesengrundstücke auf und bauten die Hütten zu Freizeitdomizilen
aus. Nach langem Streit mit den Behörden verpflichteten sich die neuen
Hüttenbesitzer, die Wiesen zu mähen, die Hütten rückzubauen, nur den Innenraum
umzugestalten, dass nur ein vorübergehender Aufenthalt möglich war. Auch das
Gericht stellte fest, keine Freizeitnutzung für die Heuhütten. Auch durch
engagierte Hilfe von Freiwilligen,
Ehrenamtlichen und Bewohnern wurden einige Täler mit Ziegen von
Baumbewuchs freigehalten. Die Heuhütten als Kulturgut stehen unter besonderen
Schutz. Eine Sanierung wird mit 30% bezuschusst. Und so ist es in verschiedenen
Seitentälern des Murgtals möglich, dass die Wanderer sich an dieser
Besonderheit noch heute erfreuen können.