Freitag, 10. Mai 2024

Was verbirgt sich hinter dem Orchestrion, das um die Welt ging?

Ochestrion von 1885

Michael Welte (1807-1880) wurde als Sohn eines Weißgerbers aus Vöhrenbach geboren. Von einem Onkel, einem katholischen Priester, erhielt der aufgeweckte Junge nach der Volksschule Unterricht in Mathematik und Musik. Er ging beim bekannten  Uhr- und Musikwerkemacher Joseph Blessing in Unterkirnach in eine 5-jährige Lehre. 1932 machte er sich im elterlichen Haus in Vöhrenbach selbstständig und baute walzengesteuerte Flötenuhren und Musikwerke mit Pfeifen. Durch die Erfolge der Meisterwerke verwöhnt, wurden die selbstspielenden Instrumente immer größer.

Der internationale Durchbruch gelang Michael Welte 1846 mit dem dreijährigen Bau eines Orchestrions mit 1.100 Pfeifen nach Odessa. Es steht heute noch im Museum von Odessa. Plötzlich waren die Weltschen Werke beim Hochadel, Adel und der Haute-Volée gefragt und standen in deren Konzertsälen. Auszeichnungen dieser Kunstwerke kamen von den Weltausstellungen in London und Paris.

Der Weltruhm der Orchestrions führte dazu, dass 3 Söhne von Welte ins Unternehmen einstiegen und unter „ M. Welte & Söhne“ firmierten. Um der Weltgeltung Rechnung zu tragen, zog das Unternehmen 1872 nach Freiburg um. Da ein Großteil der Produktion für die USA bestimmt war, gründete Welte 1865 in New York die Firma „M.Welte & Sons“, die der älteste Sohn Emil übernahm, der zweite Sohn Berthold übernahm die Leitung des Freiburger Werkes, während der dritte Michael jun. die Technik betreute.

Im Jahre 1887 erhielten die Weltes ein Patent auf Papiermusikrollen zur Steuerung des Orchestrions anstatt der unhandlichen großen Holzrollen. Die neue Technik ließ die Fa Welte auf lange Jahre hinaus nahezu konkurrenzlos sein. Folge davon waren zahlreiche höchste Auszeichnungen auf den gängigen Messen.

Um 1890 gab es im Fertigungsprogramm die ersten Orchestrien mit Pianoeinbauten. Eine Weiterentwicklung gelang Edwin Welte, einem Enkel von Michael Welte und seinem Schwager Karl Bockisch, in Form eines „Mignon“. Das war ein Klavier ohne Tastatur aber mit kompletter Pneumatik. Es folgten 1906  Klaviere mit  Bedienungsmöglichkeit, 1910 ergänzten Klavierflügel namhafter Firmen wie Steinway und Feurich mit eingebauter Mechanik von Welte das Verkaufsprogramm. So konnten zahlreiche berühmte Komponisten in großer Zahl für Welte-Mignon ihre eigenen Werke einspielen. Der unvorstellbare Erfolg führte dazu, dass in New York eine eigenen Produktionsfirma  „Welte Artistic Player Company“ errichtet wurde. So konnten Geräte mit dem amerikanischen Rollenstandardmaß auf den Markt kommen.

Die rasante Entwicklung wurde durch den Ersten Weltkrieg unterbrochen. Mit dem Eintritt der USA 1916 in den Krieg, wurden durch den „Alien Property Custodian Act“ sämtliche in deutschen Besitz an Aktien, Patentrechte beschlagnahmt. Heinrich Bockisch, einem Mitglied der Geschäftsführung, wurde verhaftet.

Die wirtschaftlich schweren Verhältnisse nach dem Ersten Weltkrieg, die Inflation der 20er Jahre reduzierten die Möglichkeit „Mignon-Instrument“ zu verkaufen. Einfache Klaviere mit Reproduktionspneumatik unter dem Namen „Pianon“ waren als Billigklaviere kein Ersatz. Die wirtschaftliche Lage der Firma Welte wurde langsam schwierig, da die Reserven nach und nach aufgebraucht wurden. Mit dem Aufkommen der Schallplatte wurde ein ganzer Industriezweig in die Knie gezwungen, so dass 1930 die Produktion gänzlich eingestellt wurde. Der Versuch Plattenspieler zu produzieren endete erfolglos. 1932 folgte erwartungsgemäß der Vergleich der Firma Welte. Die von Karl Bockisch weiterführte Orgelbauanstalt wurde 1944 in Freiburg bei einem Luftangriff völlig zerstört. 

Freiburg Fa Welte vor dem 2. Weltkrieg