Freitag, 7. Mai 2021

Was verbirgt sich hinter den Schwarzwälder Glaskompanien?

 


Die Schwarzwälder Produkte Glas, Strohhüte, Uhren, Geigen, Bürsten, Löffel und Harz wurden heimisch produziert, aber sie mussten auch vom hohen Schwarzwald unter den damaligen Verhältnissen zum Verbraucher gebraucht wurden. Das waren zumeist Bauernsöhne, die den väterlichen Hof nicht übernehmen konnten. Schon im 17. Jahrhundert lassen sich Abmachungen der einzelnen Träger über die Absatzgebiete für das damals wichtigste Produkt „Glas“ nachweisen.

 

Die vielen Glasträger schlossen sich zwischen 1720 und 1740 zu eigenen Trägerkompanien mit Sitz in Lenzkirch zusammen, nachdem die Uhrenträger 1720 sich zu einer eigenen Kompanie mit Sitz in Triberg zusammengeschlossen hatten. So entstanden ab 1740 die Elsaß-, Pfalz-, Württemberger-, Schwaben- (Bodensee) und Schweizerträger Kompanien. Zur Stärkung und zum Schutz gaben sie sich sehr strenge Regeln, was  die Aufnahme von Mitgliedern betraf. Es gab genaue Regelungen über Rechte, Sitten, und Anstand, Krankheit und Tod. Bevorzugt waren Söhne von Mitgliedern, eine Schulbildung, kaufmännische Kenntnisse und eine längere Probezeit sowie die französische Sprache bei den Elsaßträgern waren Voraussetzung. Die Familien mussten auf dem Schwarzwald bleiben, denn es erwartete die Mitglieder ein hartes und entbehrungsreiches Leben. „Alles Spillen, Tantzen, Vollsaufen und Kegeln“ waren bei hohen Strafen verboten.

 

Anfänglich wurden die Glasprodukte durch die Träger mit Krätze in die Ferne getragen. 1741 wurde erstmals von Mathä Böhringer Glas in großen Holzkörben verpackt und mit einem Wagen transportiert. Bei den damaligen Straßenzuständen ein gewagtes Experiment. Aber so wurde die nächste Stufe eingeläutet: Überall entstanden kleine Läger, mit denen die umliegenden Märkte besser versorgt werden konnten. Schließlich entstanden ständig geöffnete Ladengeschäfte aus den kleinen Lägern, in denen auch Holz- und Eisenwaren, Strohhüte und Haushaltsgegenstände angeboten wurden. Im 19. Jahrhundert wuchsen aus den Niederlassungen führende Geschäftshäuser, aber immer ohne den engen Kontakt an den Schwarzwald zu verlieren. Abgerechnet wurden die Niederlassungen jährlich in Lenzkirch.

 

Die Elsäßträger waren unter anderem 1798 in Basel, Colmar, Straßburg, Saarbrücken später in Metz und Paris vertreten. Sie kauften 1846 die Drahtzieherei in Falkau und bauten sie zur Draht- und Schraubenfabrik aus, um deren Produkte verkaufen zu können. 1895 wurde die Eläßträger Kompanie privatisiert und damit aufgelöst.

 

Die Pfälzerkompanie erlebte erst 1938 die Privatisierung. Sie hatte Niederlassungen in ganz Baden, der Pfalz und Saarland und ein Alleinverkaufsrecht der markgräflichen Steingutfabrik in Rotenfels und besaß die Glashütte Gaggenau.

 

Die Württembergerträger wurden nach einer ähnlichen Erfolgsgeschichte bis 1907 nach und nach privatisiert. Sie besaßen mehrere Glashütten und sogar eine Bijouteriefabrik in Pforzheim. Die Schwabenländergesellschaft hatten nicht nur am Bodensee sondern in ganz Oberschwaben Niederlassungen, wurden aber  allerdings schon 1870 privatisiert.

 

Die Schweizer Handelsgesellschaften bedienten die deutschsprachige Schweiz, betrieben die Sarina-Werke, die Herde und Kühlschränke herstellten und bis 1874 die Glashütte in Äule. Abgerechnet wurde aber auch hier immer in Lenzkirch.

 

Heute noch existiert das bekannte Fachgeschäft für Haushaltswaren „Tritschler“ in Stuttgart am Marktplatz als frühere, heute privatisierte Niederlassung der Württembergerträger.