Freitag, 28. Februar 2020

Was steckt hinter dem Glasermacherdorf Herzogenweiler?


Glashütte Herzogenweiler Ende des 19. Jahrhunderts
Am Rande der Baar kurz bevor der große Wald beginnt, liegt etwas versteckt mit gerade 200 Bewohnern das Dörfchen Herzogenweiler, ein Ortsteil der Stadt Villingen. Ein Örtchen mit einer 800 jährigen Geschichte, das vor sich hin kümmerte und der letzte Meierhof im Dreißigjährigen Krieg abbrannte. Das Ende der Gemeinde schien besiegelt.



Aber 1721 war ein Glücksfall für das ehemalige Herzogenweiler. Der Glashütte in Neuglashütten, die ursprünglich die Rotwasserhütte in Altglashütten war, ging das Holz zur Neige. So bot das Hause Fürstenberg 1721 den sechs Glasmachern, deren Familien und dem Gesinde einen Vertrag über 50 Jahre im leerstehenden Herzogenweiler an. Für 250 Gulden umfasste dies den ehemaligen Meierhof nebst Gelände und für 100 Gulden durfte das zugewiesene Waldgelände abgeholzt werden.



Grundstoff für die Glasherstellung war der Quarzsand, der am Wolfenbach genügend vorhanden war. Problem war nur der hohe Schmelzpunkt von 1500° C, der  durch Zugabe von Pottasche (Kaliumkarbonat) auf 850° C herabgesetzt werden konnte.



Außer dem Naturprodukt Quarzsand und der Pottasche ist Holz in großen Mengen Voraussetzung für die Glasherstellung, das reichhaltig vorhanden war. Für ein Kilo Glas verbrauchten die Glasbläsereien 2 m³ Holz. Für den Schmelzvorgang benötigten die Glasbläser nur 3 % des Holzverbrauches. Die restlichen 97 % wurden für die Gewinnung der Pottasche benötigt. Die Glasmacher konnten in wenigen Jahren gewaltige Holzflächen kahlschlagen. Den gerodetem Wald wandelten sie in fruchtbares Ackerland um und betrieben nebenher sehr zum Neid der Bauern zusätzlich Landwirtschaft.



Die Glashütte gedieh prächtig, so dass die Bestandsverhältnisse auf zehn Glasmachern erweitert wurden. Allerdings waren die Besitzverhältnisse nicht gleichmäßig verteilt. Johann Georg Thoma ersuchte 1765 eine Verlängerung des bestehenden Vertrages. Er war bereit weitere 248 Gulden pro Jahr zu bezahlen. Einwände kamen immer wieder von der Forstverwaltung, da der Holzverbrauch im Jahr 1.200 Klafter entsprechend über 3.600 m³ Holz verbraucht wurde. Einer Verlegung des Standortes um 1800 wurde abgelehnt und auf den noch bestehenden Vertrag hingewiesen.



Die bisher betriebene Unternehmer-Glashütte, bei der jeder Glasmacher mit seinem Hilfspersonal selbstständig war, wurde 1818 zu einer genossenschaftlich betriebenen Glashütte umgewandelt. So konnten die zermürbenden Streitereien untereinander beendet werden. Damit war auf Jahrzehnte weitere erfolgreiche Arbeit möglich.



Die Zeit der Glashütten ging jedoch zu Ende: Kohle aus dem Ruhrgebiet wurde viel effizienter als Brennmaterial eingesetzt. Dies war an den Orten mit Eisenbahnanschluss möglich. Aber auch die Glaswaren wurden mit der Eisenbahn in jeden Winkel transportiert. Zusätzlich kam im Falle Herzogenweiler eine geplatzte Bürgschaft hinzu, so dass 1855 das vorläufige Ende eingeläutet wurde. Die Hilfe kam in Gestalt der Firma Josef Faller & Co aus Lenzkirch, die an mehreren Glashütten beteiligt war. Sie nahm die Produktion wieder aufnahm und bot den Glaser Arbeitsplätze an. Aber die schlechten Verkehrsverhältnisse zwischen Produktionsort und den Kunden führte jedoch 1880 zum Aus. Übrig geblieben sind die zahlreichen Glasscherben auf den Äckern, die von erfolgreicher Zeit erzählen.