Freitag, 29. Juli 2016

Was verbirgt sich hinter dem badischen Wein?



Im Juli beginnt der Reigen der Weinfeste am Schwarzwaldrand wie in Steinbach, Oberkirch und Durbach und läuten damit die Zeit des fröhlichen Genießens und der Besonderheiten des Weines ein.



Der Wein kam mit den Römern an die Schwarzwaldhänge, wenn auch erst zwischen 1170 und 1192 Weinbau urkundlich erwähnt wurde. 1227 wurde der Weinversand über die alte Weinstraße von Gernsbach nach Besenfeld erwähnt. Im Mittelalter war der Weinbau weit in die Täler verbreitet. Die Wolfacher Schifferordnung verlangte 1557 von jedem Schiffer, der flößen wollte, den Anbau von ½ Juchert Reben. Jedem Flößer standen pro Tag ein halbes Maß (1,5 l) Wein zu. Selbst für Hornberg ist Weinbau nachgewiesen. Sauer muss der gewesen sein.



Heute gibt es am Schwarzwaldrand entlang drei Weinbaugebiete: Ortenau, Breisgau und das Markgräflerland. In ihnen wird vorwiegend Riesling, Silvaner, Müller-Thurgau, Grau-, Weiß- und Spätburgunder sowie Gutedel im Märkgräflerland angepflanzt. Es wird auch Burgunderland genannt. Die Burgunderrebe soll vom Mutterkloster Citeaux in Burgund über Kloster Lichtenthal in die Ortenau gekommen sein. Denn dieses besaß seit 1245 Rebhöfe. Die Klöster und der Adel als Grundherren betrieben den Weinbau.



Als Besonderheiten bei Weinen in Baden und damit am Schwarzwaldrand gelten:                 Die Unterscheidung zwischen Ruländer und Grauburgunder. Der Ruländer als badische Spezialität war ein kräftig, schwerer und süßlich ausgebauter Burgunder Wein. Ein Speyerer Kaufmann Ruland sorgte anfangs des 18. Jahrhundert für seine Verbreitung. Während der Grauburgunder früher geerntet und elegant, leichter sowie süffiger ausgebaut wird.   



Der Riesling wird in der Ortenau auch als Klingelberger bezeichnet. Markgraf Karl Friedrich hat 1782 erstmals am obersten Teil im Gewann Klingelberg des Schlossberges der Staufenburg (Durbach) erstmals 8000 Stöcke Riesling angepflanzt. Das Gewann Klingelberg hat seinen Namen: Am Schlossberg wurde Eisenerz gegraben und bis 1593 verhüttet. Bei der Rekultivierung des Geländes schlugen die Hacken immer wieder auf Eisenerz. Der Ton Eisen auf Eisen führte zum Namen Klingelberg. Damit war der Grundstock für den hohen Rieslinganteil in Baden gelegt.



Der Müller- Thurgau ist nicht wie oft erzählt, eine Kreuzung der Rebstöcke des Riesling und Silvaner sondern des Riesling mit Madleine Royal von Herrn Müller aus Thurgau (Schweiz) 1882. Rivaner ist die Kreuzung zwischen Riesling und Silvaner.



Der Gutedel wurde erstmals von Markgraf Karl Friedrich 1780 vom Genfer See ins Markgräflerland gebracht und angepflanzt.



Unter dem Clevner versteht der Weintrinker in Baden den Traminer. In Württemberg dagegen wird als Clevner als roter Frühburgunder und in der Schweiz als Spätburgunder bezeichnet.



Badisch Rotgold ist ein Cuvée aus mindestens 51 % Ruländer und 49 % Spätburgunder Trauben. Nicht zu verwechseln mit einem Weißherbst oder Rosé, bei dem die rote Traube gekeltert wird, die rote Traubenhülle zwecks Färbung nicht dem Traubensaft beigegeben wird. Der Winzer spricht von weiß gekeltert.



Ein Schwarzwälder, Heinrich Hansjakob, gründete 1881 erstmals eine Winzergenossenschaft allerdings in Hagenau. Es dauerte bis 1906 als die erste Affentaler Winzergenossenschaft im Bühlertal gegründet wurde. 
Heinrich Hansjakob


Freitag, 22. Juli 2016

Was verbirgt sich hinter dem 22.Juli 1849?



Die Hungerkrise 1846/47 traf die Bevölkerung des Schwarzwaldes hart. Die Eltern wussten nicht wie sie die hungrigen Mäuler ihrer Kinder stopfen sollten.  Dies war der fruchtbare Nährboden für die revolutionären Ideen aus Frankreich: Brüderlichkeit, Freiheit und Gleichheit. Es konnten nach Anfangserfolgen der Revolution 1948/49 die Monarchen  die Revolution unterdrücken. Aber Hecker, Struve und Fickler als bekannteste Anführer hatten es verstanden, neben der Not der Landbevölkerung das aufgeklärte Bürgertum mit zu reißen. Es waren schon 1948 auf einer zentralen Kundgebung 20.000 Teilnehmer nach Offenburg gekommen.  Am 13. Mai 1849 trafen wiederum unzählige Menschen in Offenburg zusammen. Aufgeklärte, angesehen und unabhängige Bürger sowie Hitzköpfe verkündeten die neuen Ideen der Revolution. Am Abend hörten sie dann die Nachricht, der badische Großherzog sei geflohen. Es haben sich provisorische Revolutionsregierungen gebildet. Doch die Aufständischen hatten nicht damit gerechnet, dass die Preußen dem Großherzog zu Hilfe geeilt waren. Sie warfen die Revolutionsarmee zurück.



Die Metzger Chronik aus Wolfach von 1860 schilderte die damalige Situation authentisch:



Im Alten Rathaus war es auch, wo das hiesige Aufgebot der damaligen provisorischen Regierung im 49iger Rummel aufgestellt wurde und auszog mit Heckerhut und Freischälerbluse zum Kampf für Gleichheit, Freiheit und Brüderlichkeit. In Durbach bei Offenburg halfen sie mit anderen, den großherzoglichen Weinkeller in dem dortigen Keller leersaufen, die einzige und größte Heldentat, die sie im ganzen Feldzug verrichteten. Und als sie die wackeren Kumpanen kanonenvoll waren, da tobten, lärmten und schrien sie: „Jetzt sollen sie nur kommen.“ Und als sie wirklich kamen, die fürchterlichen Preußen, stoben die Krakeler auseinander wie die Streu vor dem Winde und jeder lief, soweit ihn seine Beine tragen konnten.  Bei Nacht und Nebel schlichen sie wieder heim und wurden von ihnen über alle Maßen frohen Wolfacher Eheweibern wieder mit offenen Armen aufgenommen – so die Chronik.



Tatsächlich rückten am 22. Juli 1849 die Preußen mit 2 Kompanien Infanterie und 30 Husaren in Wolfach wie auch in den gesamten badischen Landen ein. Es wurden zahlreiche Bürger verhaftet und zum Verhör nach Freiburg gebracht, darunter auch Theodor der Seifensieder. Erschossen wurden damals 9 Bürger.



Die freiheitlichen Ideen und Gedanken konnten die Preußen unterdrücken aber aus ehemaligen fürstenbergischen und jetzt badischen Bürgern wurden trotzdem keine Preußen. 1849 wurde verbotenerweise folgendes Wiegenlied gesungen


Schlaf‘, mein Kind, schlaf leis‘,

Draußen geht der Preuß‘,

Deinen Vater hat er umgebracht,

Deine Mutter hat er arm gemacht,

Und wer nicht schläft in guter Ruh‘

Dem drückt der Preuß‘ die Augen zu.

Schlaf‘, mein Kind…..
Preußischer Soldat verhaftet den Theodor der Seifensieder

Samstag, 16. Juli 2016

Was verbirgt sich hinter dem Schäferlauf von Wildberg?



Die Schäferei war in früheren Jahren ein einträgliches Gewerbe, das oft Wohlstand in landwirtschaftlich wenig ertragreichen Landstrichen brachte. Noch heute zeugen die Landschaften der Fränkischen oder Schwäbischen Alb sowie der Röhn von intensiver Schafshaltung davon.



Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg erließ 1723 die Einrichtung von Nebenladen in Wildberg, Urach und Heidenheim für die Schäferei neben dem Zentrum für Markgröningen zu. Die Schäferei  in Urach ist seit 1298 durch Verleihung eines Weiderechtes belegt.



Am Zunfttag der Schäfer  tagte auch das Schäfergericht, um Streitigkeiten zu entscheiden. Dazu gehörte das Erteilen von Gesellen- und Meisterbriefen. Das Beschäftigen von Schäfer ohne Ausbildung war streng verboten. In der Zunftlade wurden alle Dokumente und das Geld aufbewahrt. Jeder Schäfer hatte am Schäfertag teilzunehmen. Um die Attraktivität zu erhöhen, wurde im Laufe der Zeit der Schäferlauf eingeführt. Damit wurde demSchäfertag ein fröhliches Festgeschehen verliehen. Mit dem Auflösen der Schäferzünfte 1828 geriet der Schäferlauf zum Volksfest, obwohl wesentliche Elemente erhalten blieben. Seit 1930 gibt es sogar berufsbezogenes  Leistungs- und Berufshüten. Die Zusammenarbeit zwischen Hund und Schäfer wird geprüft. Der Samstag ist diesen Leistungsprüfungen vorbehalten.


Am Freitag wird das größte Brauchtumsfest des Nordschwarzwaldes mit einem Festspiel „Der Klosterschäfer und des Teufels Puppenspieler“ eröffnet. Ab 6 Uhr am Sonntag weckt die Stadtkapelle die Stadt zum Schäferlaufmorgen am Marktbrunnen. Nach einem ökonomischen Festgottesdienst bewegt sich ein historischer Festzug zu den Nagoldwiesen.



Höhepunkt ist der Schäferlauf, wobei Schäfer und Schäferinnen getrennt und barfuß über ein abgemähtes Feld um die Wette laufen müssen. Neben anderen Geschenken ist der Hauptgewinn jeweils ein Schaf und damit verbunden die feierliche Krönung zur Schäferkönigin bzw Schäferkönig. Beide werden durch den Schäfertanz geehrt, ebenfalls wird alles durch einen großen Jahrmarkt mit allerlei Vorführungen umrahmt. Am Montag wird dann der „Schäfer-Gottlieb“ in einem Trauerzug zum Festplatz getragen und unter Weinen und Klagen verbrannt.



Der Schäferlauf findet in der zweiten Hälfte des Juli in Abwechslung mit Urach statt – in geraden Jahreszahlen in Wildberg. 
 






Freitag, 8. Juli 2016

Was verbirgt sich hinter der "russischen Kolonie" von Baden Baden?




Während des Pfälzischen Erbfolgekrieges wurde Baden-Baden 1689 von französischen Truppen niedergebrannt, der Bäderbetrieb kam zum Erliegen. Rastatt wurde 1705 anstatt Baden-Baden Residenzstadt. In der Folgezeit war es nur „Baaden bey Rastadt“.



1814 beim Sommeraufenthalt auf Schloss Baden-Baden versammelte Markgräfin Amalie, die Mutter der Zarin und alte Napoleonhasserin ihr Gefolge, um die Zeit nach Napoleon zu beraten:  Ihre Tochter, die russische Zarin, zwei Zarenbrüder und hohe Generäle waren versammelt. Sie alle erlagen dem Reiz Baden-Badens und seiner Umgebung. Zusätzlich kam 1817 Königin Katharina von Württemberg, die Schwester des Zaren, mit ihrem großen Gefolge zur Kur nach Baden-Baden.



1811 war die Spielbank eröffnet worden. Adelige und Nichtadelige, Kapitalisten und arme Schlucker versuchten ihr Glück in Baden-Baden. Und sollten russische Fürsten und Großgrundbesitzer mit Tausenden von „Selen“ nicht dabei sein? Ab 1858 fanden zusätzlich internationale Pferderennen in Iffezheim statt.



Zu der stets wachsenden russischen Kolonie kamen dann berühmte russische Dichter, wie Gogol, Lermontow, Shukowskij und Dostojewskij dazu. Ihrem Schaffen in Baden-Baden sind wohl die beständigsten Beziehungen zwischen Russland und Baden-Baden zu verdanken. Graf Tolstoi verspielte seine letzten Rubel beim Roulette auf der Spielbank und hielt sich in Zukunft dem Spielcasino fern. Auch Dostojewskij verspielte 1865 und 1867 beinahe sein gesamtes Hab und Gut.



Aber viele Russen ließen sich nicht nur die Kur verschönen sondern ließen sich auch häuslich nieder. Turgenjew, Mitglieder des Zarenhofs, Millionäre und Glücksrittern, an denen es „Mütterchen Russland“ nie fehlte, ausgediente Militärs und Haudegen wie Fürst Waldimir Menschikow sind Beispiele dafür. Viele alten Villen in Baden-Baden zeugen noch von jener Zeit.



Der deutsch-französische Krieg brachte das Ende der russischen Ära, denn viele Russen verkauften ihre Immors“, Paris. 1872 wurden im neuen Deutschen Kaiserreich per Gesetz alle Spielbanken geschlossen. Damit versiegten die Millionen von Rubel und wanderten nach Monte Carlo. Auch der Bau der russischen Kirche 1882 konnte den Abwärtstrend nicht aufhalten. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges war alles beendet.



Erst im letzten Jahrzehnt kamen russische Millionäre zurück und kauften die leer stehenden Villen auf, um sie als Feriendomizile oder Alterssitze aufzubauen. Aber auch die russische Mittelschicht ist in Baden-Baden vermehrt zu sehen, wie die russischen Hinweisschilder in den Geschäften zeigen.
Russische-Orthodoxe Kirche Baden Baden