Allerheiligen 1680
Die Allerheiligen
Wasserfälle, die im hinteren Lierbachtal -einem Seitental des Renchtals- in
sieben Stufen insgesamt 66 m in die Tiefe fallen, sind heute ein bekanntes
Besuchermagnet. Leider finden die oberhalb liegenden Ruinen des Klosters
Allerheiligen dagegen weniger Beachtung.
Das Kloster
Allerheiligen wurde 1196 von Herzogin Uta von Schauenburg nach dem Tode ihres
Mannes, Welfs VI, als
Prämonstratenser-Chorherrenstift im hinteren Lierbachtal gegründet. Kaiser Heinrich VI und Papst Innozenz
III haben 1204 die Gründung des Stifts bestätigt. Das eng gehaltene Gebiet
umfasste den Bereich unterhalb des Schliffkopfs, Sohl-, Braunberg sowie bis
unterhalb der Wasserfälle und das Patronatsrecht über Nußbach –später über das
Patronatsrecht der Kirchen von Appenweier und Oberachern. Bei der Gründung
wurde dem Kloster die Reichsunmittelbarkeit, Vogtei-, Steuerfreiheit sowie
Immunität vor jeglicher Strafverfolgung im Klosterbereich gewährt. Allerdings
kollidierte dies ab dem 14. Jahrhundert mit den Expansionsbestrebungen des
Straßburger Bistums.
Ziel der Gründung
des Klosters war die Erschließung des weitgehenden unbesiedelten Lierbachtales
und Umgebung. Hier entstand in dieser einsamen schwer zugänglichen Bergregion
ein kulturelles Zentrum und landwirtschaftliches Anwesen zur Selbstversorgung. Die
Besitzungen erstreckten sich mit der Zeit auf den Rench- und oberes Achertal.
Aufgabengebiet der
Prämonstatenser war vor allem die Seelsorge der Umgebung, Schreiben und
Kopieren von Bücher sowie die Lehrtätigkeit und die Betreuung von Wallfahrten
wie die von Nußbach zur Wallfahrtskapelle St Wendel oder der Bau der
Wallfahrtskirche von Lautenbach. Noch heute wird die Wallfahrt von einem
Prämonstratenser zu Pferde angeführt. 1594 wird erstmals ein Gymnasium mit bis
zu 50 Schülern erwähnt, das aus der mittelalterlichen Klosterschule
hervorgegangen war. Weitere Einnahmen waren aus der Klosterschänke oder
Herberge von Reisenden und Pilgern aus der Klosterapotheke zu erzielen und auch
aus der Landwirtschaft. Prämomstratenser
waren Chorherren d. h. Priester mit Ordensgelübde aber keine Mönche. Die Laienbrüder
bestimmten das Klosterleben gleichberechtigt mit.
Ende des 16.
Jahrhunderts wurde vom lutherischen Markgrafen versucht das Kloster
„auszubluten“, um es zu übernehmen. Aber Dank der Hilfe von Kaiser Rudolf
konnte dies verhindert werden. 1657 wurde das Kloster Allerheiligen von der
Probstei zur Abtei erhoben, und damit
von einem Abt geführt.
1802/03 wurde das
Kloster gemäß dem Regensburger Reichsdeputationshauptschluss von Karl Friedrich
von Baden aufgelöst und abgewickelt. Die 29 Patres mussten das Kloster
verlassen und wurden in den umliegenden Gemeinden als Pfarrer sofern das nicht
möglich war als Lehrer eingesetzt. Ein Jahr nach der Aufhebung des Klosters
leitet ein Blitzschlag den Zerfall der Anlage ein. 1806 wurde noch versucht die
restlichen Gebäude mit einer Spinnerei nützlich zu gebrauchen. Aber die
Abgeschiedenheit war zu groß. 1812 wurde die Kirche von Allerheiligen
ausgeräumt und die Gegenstände auf die umliegenden Kirchen und Kapellen
verteilt worden, die Gebäude wurden auf Abbruch versteigert oder für andere
Kirchen wie in Achern genutzt. Die Bestände der umfangreichen Abtei wurden
zwischen der Hofbibliothek Karlsruhe und Uni-Bibliothek Heidelberg verteilt.
Die Entscheidung war gefallen, keine Kirchengemeinde in Allerheiligen zu
gründen und damit waren Gottesdienste überflüssig.
Im Forsthaus des
Westflügels wurde 1844 eine Gaststätte eingerichtet, nachdem die Wasserfälle
touristisch erschlossen worden waren. 1871 wurde die Gaststätte zu einem
dreistöckigen Kurhotel erweitert. 1887 entstand ein zweites Hotelgebäude. Der
Caritasverband Mainz wandelte das Hotelareal in ein Kinderheim um. Seit 1978
befindet sich darin ein Landschulheim. Seit 2013 betreibt EOS Erlebnispädagogik
ein Tagungszentrum in den Räumen. Seit 1991 wird in den Resten des
Kirchenschiffs im Juli Freilichtaufführungen durchgeführt.
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