Freitag, 8. November 2024

Was verbirgt sich hinter dem "Chanderli"?


Die Kantertalbahn von Kandern nach Haltingen fährt zwar nicht mehr im Streckenverkehr, freut sich aber als Museumsbahn dem starken Zuspruch der Bevölkerung und wird nur liebevoll „Chanderli“ genannt.

1851 erreichte die Rheintalbahn Haltingen, ein Vorort von Weil und 1856 war der Badische Bahnhof von Basel angeschlossen. Im Abseits liegenden Kandertal wurde Eisenerz bis zum 19. Jahrhundert abgebaut und die Bedeutung der Tonvorkommen mit der aufkommenden Töpferindustrie verlangte einen Anschluss an die große Wirtschaftswelt.

Aber wie zur damaligen Zeit üblich, sprach bei solchen Überlegungen zuerst das Militär mit. Diesem stellte sich ein Anschlusses des Kandertals unter Umgehung von Basel vor: Eine Eisenbahnlinie von der Rheintalstrecke bei Müllheim – Kandern bis Lörrach. Dies wurde aber 1874 abgelehnt, da die Steigung 14 - 17 Promille betragen hätte und für beladene Militärzüge zu groß gewesen wäre. Die neuen Überlegungen sahen eine Schmalspurbahn Kandern – Haltingen vor.  Diese wurden bald wieder begraben, da ein Weitertransport der Waren von Haltingen auf der Rheintalstrecke nur mit Umladen möglich gewesen wäre. So wurde eine Nebenbahn Haltingen – Kandern 1895 mit Normalspur 13 km lang feierlich eröffnet. Gleichzeitig fuhr aber auch die letzte Postkutsche ins Museum.

Einen Aufschwung und Erleichterung brachte das Bähnle nicht nur dem Personenverkehr sondern auch der Industrie und Landwirtschaft. Holzhandel und Töpferei profitierten besonders, gleichzeitig konnte nun Kohle zum Heizen herantransportiert werden. Ab 1898 kamen Bruchsteine aus der Wolfsschlucht bei Hammerstein hinzu, da sie eine extra Haltestation erhielt. Wie wichtig der Steintransport war, wird dadurch dokumentiert, dass die Schwarzwälder Granitwerke einen Antrag auf Erstellung einer Steintransportbahn von Malsburg nach Kandern stellten. Tatsächlich wurde ab 1909 Granit von Malsburg mit dem Steinbähnle über Kandern zum Badischen Bahnhof geliefert.  1920 wurde das Steinbähnle außer Dienst gesetzt, die Gleise und Lokomotive mit Wagen verkauft und vom Erlös eine Seilbahn gebaut. Eine zweite Seilbahn wurde 1922 gebaut, als zwischen Hammerstein und Egisholz eine Tongrube in Betrieb genommen wurde. Der Ton wurde mit ihr zum Bahnhof nach Hammerstein transportiert.

Wie überall war der Totengräber vieler kleiner Eisenbahnen der KfZ-Verkehr. So auch hier sollte mangels Masse das „Chanderli“ stillgelegt werden. Was niemand erwartet hatte, waren die Proteste der Bevölkerung, die sich ihr „Chanderli“ nicht nehmen lassen wollten. Auf Grund dessen wurde mit Diesellokomotiven und Triebwagen die Bahn modernisiert.

Es kam aber wie es kommen musste, 1983 rutschte nach einem schweren Unwetter der Bahndamm zwischen Hammerstein und Kandern ab. Deswegen war nur noch ein geringer Güterverkehr zwischen Haltingen und Wollenbach möglich.

1962 hatte Eurovapor –ein Verein von Eisenbahnfreunden aus Basel- die letzte Dampflock der Kandertalbahn, deren Wagen gekauft, restaurierte diese und stellte ein Museumszug zusammen. Dieser befuhr sonntags die Strecke Basel - Kandern. Nach dem Unglück 1983 war auch für die Museumsbahn Schluss. Aber Firmen, Politiker, Bürgermeister der umgebenden Gemeinden und freiwillige Helfer machten es möglich, dass die Strecke repariert wurde. Wo ein Wille ist, gibt es auch Möglichkeiten. Ab 1986 führ das „Chanderli“ wieder von Haltingen bis Kandern mit zunehmenden Fahrgastzahlen, dass sich der Betrieb bis heute rechnet.

Bis heute sind zwei Lokomotiven von 1904 und 1915 zur Freude der Besucher im Einsatz sowie Güter- und Personenwagen von 1878.