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Das obere Wiesental gehörte zu Vorderösterreich, das untere war markgräflich badisches Gebiet angrenzend an die Eidgenossenschaft mit dem Groß-Basler-Gebiet. Das Wiesental war ein unterentwickeltes Gebiet, das obere Wiesental nur spärlich besiedelt ohne direkte Verkehrsanbindung an das Handelsstraßennetz, selbst Lörrach war ein unbedeutender Flecken. Die Bevölkerung durch kriegerische Auseinandersetzungen wie dem 30ig jährigen Krieg verarmt, lebte von der Landwirtschaft. Bis in vorindustrielle Zeit des 18. Jahrhunderts erzeugte ein Großteil der Bevölkerung bis Todtnau in Heimarbeit Spinn- und Webwaren für auswärtige Geldgeber vor allem für Basler Handels- und Kaufleute.
Der junge
Markgraf Carl Friedrich von Baden hörte auf den Rat seines Landvogts Magnus von
Wallbrunn und beschäftigte sich mit der Entwicklung des unteren Wiesentals.
Billige Arbeitskräfte waren genügend vorhanden, die Wiese hatte für die Textilbetriebe
die notwendige gute Wasserqualität und vor allem ein starkes Gefälle zum
Antrieb von Wasserrädern. Die Zölle zwischen der Markgrafschaft und der Schweiz
waren gering und zu Vorderösterreich mit niederen Sonderkonditionen belegt.
Ausländische aber auch inländische Gewerbetreibende sollten sich im Lörracher
Raum ansiedeln. Zuschüsse, Steuererleichterungen, Zunftunabhängigkeit und
Glaubensfreiheit wurden von der Obrigkeit zugesagt. Mitte der 1750er Jahre
siedelten die ersten Textilfabriken an. Begünstigt wurde dies durch den
Siegeszug der mechanischen Spinnmaschine Anfang 1800. Diese produzierten so
viel Baumwollgarn wie 100 Personen in Heimarbeit bewältigten konnte. Anfänglich wurde der Vertrieb der
Spinnmaschinen von der Regierung verboten, da im oberen Wiesental ein Drittel
der Bevölkerung vom Spinnen lebte.
Für die bäuerliche
Bevölkerung bedeutete die Textilfabriken eine weitreichende Umstellung, die
dank größtenteils durch Schweizer Kapital entstanden waren. Aus Heimarbeiter
wurden Fabrikarbeiter, die im Nebenerwerb die Landwirtschaft betrieben. Ein
weiterer Schub in der Entwicklung der Textilindustrie im Wiesental war der
Beitritt der Markgrafschaft in den Deutschen Zollverein 1834, der die Zölle um
80% anheben ließ. Dadurch wurde gerade
das Schweizer Kapital gezwungen, die Waren in der Markgrafschaft zu
produzieren, wenn sie auf dem deutschen Markt bestehen wollten. Und schon
entstand 1835 die Spinnerei Haagen für Baumwollgarne bei Lörrach, um nur eine zu
nennen. Wie beim Ausbau eines Spinnnetzes entstanden in den Folgejahren
vorwiegend für Basler Handels- und Kaufleute die Wiese talaufwärts
Tuchfabriken, Spinner- und Webereien, Garn- und Fadenfabriken sowie
Tuchdruckereien.
Was staatliche Stellen nicht geschafft
hatten, nämlich die Produktionsstandorte im Wiesental mit den Umschlagsplätzen
in Basel zu verbinden, gelang privaten Initiativen. Mit Hilfe der Schweizer
Industriellen wurde eine private Eisenbahngesellschaft 1860 gegründet, nämlich
die Wiesental-Eisenbahn-Gesellschaft AG. 1862 wurde das erste Teilstück bis
Schopfheim eingeweiht. 1887 kaufte dann
die badische Regierung des Großherzogtums diese auf, um das
Wiesental weiter bis Zell i. W. zu erschließen. Welche Bedeutung die
badische Regierung an der Wiesentalbahn hatte, zeigt die Elektrifizierung der
Strecke noch vor dem 1. Weltkrieg.
Anfang des 20.
Jahrhunderts war der Höhenpunkt des Textilgewerbes im Wiesental erreicht. Der
1. Weltkrieg, die Weltwirtschaftskriese und der 2. Weltkrieg waren schwere
Belastungen vor allem für die ausländischen Textilfabriken. Nach 1945 erfolgte
das Wirtschaftswunderwachstum. Aber Ende 1960er Jahre zeigte sich eine
verheerende Strukturkriese, die durch Konkurrenzprodukte aus Billiglohnländern
hervorgerufen wurde. Viele Textilfabriken mussten schließen und
Produktionshallen wurden abgerissen. Übrig geblieben sind nur wenige
Großbetriebe.
Aber auch da
ging das Sterben der Textilbetrieb weiter. Selbst ein so bekanntes und
renommiertes Unternehmen wie die Brennet AG, gründet 1881, konvertierte ab 2012 vom Textil- zum
Immobilienunternehmen. Übrig geblieben ist ein Textilmuseum in Zell i.W. Es
erinnert an glanzvolle aber auch vergangene Zeit: Unzählige Webstühle, vom
einfachen Handwebstuhl bis zum modernen mechanischen Webstühlen sind zu
besichtigen und werden in Betrieb gesetzt.