Blick ins Wiesental |
Im April 1996 flog das
sowjetische Atomkraftwerk Tschernobyl in die Luft und vier Tage später war es
Gewissheit, denn der radioaktive Niederschlag hatte auch das Wiesental im
Südschwarzwald erreicht.
Im Frühsommer danach gründeten
besorgte Eltern aus Schönau im Wiesental eine Initiative „Eltern für eine atomfreie
Zukunft“. Als erster Schritt wurde Stromsparberatung durchgeführt. Danach wurde
von Schönauer Bürger eine Firma gegründet, um die Produktion von ökologischem
Strom zu fördern. So wurden wieder kleine Wasserkraftwerke reaktiviert, Blockheizkraftwerke
oder Photovoltaikanlagen gebaut.
1990 wurde der bisherige örtliche
Energieversorger und Atomkraftwerkbetreiber KWR über die Aktivitäten in Schönau
unruhig. Sie bot der Stadt zusätzlich 100.000 DM Konzessionsabgabe, wenn der
bisherige Stromliefervertrag vorzeitig verlängert wird. Die Schönauer
Bürgerinitiative bot daraufhin den gleichen Betrag, wenn die die Stadt auf die
vorzeitige Vertragsverlängerung verzichtet.
Damit war der Kampf „David gegen
Goliath“ eröffnet, denn der Stadtrat lehnte das Angebot der Bürgerinitiative ab
und stimmte für die vorzeitige Vertragsverlängerung. Die Schönauer
Bürgerinitiative zettelte einen Bürgerentscheid an, um dies zu verhindern. 1991
wurde der Bürgerentscheid von der Bürgerinitiative tatsächlich knapp gewonnen.
Wertvolle Zeit konnte gewonnen werden.
Die Stromrebellen gründeten mit
650 Mitgliedern 1994 die EWS (Elektrizitätswerke Schönau) und erwarben ein Jahr
später eine Konzession zum Betreiben des Stromnetzes. Nach dieser Entwicklung
versuchte der bisherige Lieferant (KWR) die Entscheidung für die EWS durch
einen zweiten Bügerentscheid rückgängig zu machen. Der Schuss ging aber nach
hinten los, denn der bisherige Strombetreiber verlor den Entscheid mit 85%
Gegenstimmen.
Um die Konzession behalten zu
können, bot der bisherige Lieferant für einen Phantasiepreis von 8,7 Millionen
DM das Stromnetz dem EWS an. Aber Umweltschutzverbände in der ganzen
Bundesrepublik riefen für Spenden der Stromrebellen im Südschwarzwald auf. Das
Wunder geschah, die Stromrebellen hatten nach kurzer Zeit ihre eigenen Mitteln
mit Spenden aufstocken können und erwarben das Stromnetz. 1997 war die EWS der
Stromversorger. Die größte Solaranlage konnte auf der evangelischen Kirche
betrieben werden. Daneben sicherten 2.600 kleine dezentrale Kraftwerke in
Bürgerhand die atomfreie Stromversorgung.
1998 wurde der Strommarkt
liberalisiert und die EWS konnte bundesweit atomfreien Strom anbieten. 2009
konnte eine Gaskonzession in Schönau erworben und Gas konnte in
Baden-Württemberg und Bayern vertrieben werden. Im gleichen Jahr wurde die EWS
in eine Genossenschaft umgewandelt.
Das Erfolgsmodell in Schönau
vertreibt seit 2015 Strom sowieso und auch Gas in der gesamten Bundesrepublik.