Freitag, 7. September 2018

Was verbirgt sich hinter den Stromrebellen von Schönau?


Blick ins Wiesental

Im April 1996 flog das sowjetische Atomkraftwerk Tschernobyl in die Luft und vier Tage später war es Gewissheit, denn der radioaktive Niederschlag hatte auch das Wiesental im Südschwarzwald erreicht.



Im Frühsommer danach gründeten besorgte Eltern aus Schönau im Wiesental eine Initiative „Eltern für eine atomfreie Zukunft“. Als erster Schritt wurde Stromsparberatung durchgeführt. Danach wurde von Schönauer Bürger eine Firma gegründet, um die Produktion von ökologischem Strom zu fördern. So wurden wieder kleine Wasserkraftwerke reaktiviert, Blockheizkraftwerke oder Photovoltaikanlagen gebaut.



1990 wurde der bisherige örtliche Energieversorger und Atomkraftwerkbetreiber KWR über die Aktivitäten in Schönau unruhig. Sie bot der Stadt zusätzlich 100.000 DM Konzessionsabgabe, wenn der bisherige Stromliefervertrag vorzeitig verlängert wird. Die Schönauer Bürgerinitiative bot daraufhin den gleichen Betrag, wenn die die Stadt auf die vorzeitige Vertragsverlängerung verzichtet.



Damit war der Kampf „David gegen Goliath“ eröffnet, denn der Stadtrat lehnte das Angebot der Bürgerinitiative ab und stimmte für die vorzeitige Vertragsverlängerung. Die Schönauer Bürgerinitiative zettelte einen Bürgerentscheid an, um dies zu verhindern. 1991 wurde der Bürgerentscheid von der Bürgerinitiative tatsächlich knapp gewonnen. Wertvolle Zeit konnte gewonnen werden.



Die Stromrebellen gründeten mit 650 Mitgliedern 1994 die EWS (Elektrizitätswerke Schönau) und erwarben ein Jahr später eine Konzession zum Betreiben des Stromnetzes. Nach dieser Entwicklung versuchte der bisherige Lieferant (KWR) die Entscheidung für die EWS durch einen zweiten Bügerentscheid rückgängig zu machen. Der Schuss ging aber nach hinten los, denn der bisherige Strombetreiber verlor den Entscheid mit 85% Gegenstimmen.



Um die Konzession behalten zu können, bot der bisherige Lieferant für einen Phantasiepreis von 8,7 Millionen DM das Stromnetz dem EWS an. Aber Umweltschutzverbände in der ganzen Bundesrepublik riefen für Spenden der Stromrebellen im Südschwarzwald auf. Das Wunder geschah, die Stromrebellen hatten nach kurzer Zeit ihre eigenen Mitteln mit Spenden aufstocken können und erwarben das Stromnetz. 1997 war die EWS der Stromversorger. Die größte Solaranlage konnte auf der evangelischen Kirche betrieben werden. Daneben sicherten 2.600 kleine dezentrale Kraftwerke in Bürgerhand die atomfreie Stromversorgung.



1998 wurde der Strommarkt liberalisiert und die EWS konnte bundesweit atomfreien Strom anbieten. 2009 konnte eine Gaskonzession in Schönau erworben und Gas konnte in Baden-Württemberg und Bayern vertrieben werden. Im gleichen Jahr wurde die EWS in eine Genossenschaft umgewandelt.



Das Erfolgsmodell in Schönau vertreibt seit 2015 Strom sowieso und auch Gas in der gesamten Bundesrepublik.