Freitag, 23. März 2018

Was verbirgt sich hinter dem Palmsonntag?



Palmkönig 1925 Wolfach

Hansjakob erzählt über diesen Tag: Da hatten wir in den Wäldern der Heimat einige zuvor die Stechpalmen geholt, schlanke Fichten gehauen und geschält, in den Gärten den „Fesenbaum“ (Thuja) beraubt, an den Bächen Haselruten geschnitten, um einen „Palmen“ zu machen.



Am Sonntag früh, beim zweiten Glockenzeichen, zogen wir mit unseren Palmen, an den haushohen Fichtenstangen sie tragend, dem Kirchplatz zu. In diesem Moment lag die ganze selbstbewusste Knabenseele im „Palmen“. Herr Gott! Mit welchem Stolz ward bei jedem Schritt an der Stange hinaufgeschaut, und wie des Nebenmenschen Palmen gemessen und fixiert, wenn alle vor der Kirche versammelt waren! Jeder wollte den schönsten und längsten Palmen haben, und oft kam’s in diesem Wettstreit zur Palmenschlacht; der eine hieb auf den anderen mit seinem stolzen Besen ein, und es entstand ein Höllenspektakel unter den Palmenträgern. Erst das Erscheinen des Pfarrers unter der Kirchentür, um die Zeremonie des Segnens vorzunehmen, trennte die Kämpfer. Aber jetzt rauschten die Palmen nochmals durcheinander, jeder wollte den meisten Segen und die größte Fülle von Weihrauch und Weihwasser auf seinen Liebling haben, und bis vor die Nase des Priesters  hin stritten die Palmenköpfe um den Vorrang. So Hansjakob in seinem Buch „Jugendzeit“.







Schon im Februar sammeln die Buben im Rench- und Kinzigtal die roten Beeren der Stechpalme. Vor dem Palmsonntag werden diese dann auf Blumendraht aufgezogen und die religiösen Monogramme gestaltet. Man erblickt die Buchstaben JHS, die Wörter Jesus und Maria, köstliche Kronen und manchmal sogar die Marterwerkzeuge. Aber auch Symbole von Glaube, Hoffnung und Liebe: Kreuz, Anker und Herz. An ihrem oberen Ende tragen sie ein Büschel aus Buchs, Stechpalmen, Wachholder und Sevenzweigen.



Die Sitte der Palmweihe hat den Sinn Unheil und Gefahr, dämonische Einflüsse und Krankheiten fernzuhalten. Daher werden die Palmen nach der Weihe im Hause an der Giebellucke, im Stall oder im Garten angebracht als Wächter gegen jegliche Gefahr. Im Kinzigtal müssen drei Gewitter über sie weggegangen sein, bevor sie ins Haus genommen werden. Einige Zweige werden hinter das Kreuz im Herrgottswinkel oder unter den Firstbalken gesteckt und bei drohendem Gewitter im Feuer verbrannt.



In Bachheim werden auf die Fichtenstange des Palmen ein aus Weißtannenreisig geformte Kugel und ein Kreuz gebunden. Als Krönung schiebt man Holunderröhrchen kreuzförmig auf einen verästelten Zweig, auf deren Ende kleine Tannenkreuze gesteckt sind. Um Kugel und Kreuz windet sich ein auf eine Schnur gereihter Kranz von Äpfeln. Nach der Weihe werden diese an Verwandte und Nachbarn verschenkt. Sie gelten als Schutz gegen Halskrankheiten.



In einigen Gegenden wurde derjenige Bub als „Palmkönig“ gefeiert, der den schönsten und größten Palmen in die Kirche brachte. Otto Schrempp berichtet von einem Palmen aus dem Ippichen, Wolfach-Kinzigtal, der im Jahre 1925 mit einem Palmen von 5,5 m Höhe Palmkönig wurde.



Aus Wittnau berichtet die Chronik, dass der Mesner zur Säge greifen musste, um den Palmen zu kürzen, dass die  größten Palmträger überhaupt in die Kirche zur Weihe kamen. Derjenige, der den kleinsten oder kümmerlichsten Palmen zur Kirche brachte, wurde das Jahr über einen „Palmesel“ gerufen. In manchen Gegenden war derjenige  „Palmesel“, der als letzter zur Palmweihe in die Kirche kam.



Aus dem 9. Jahrhundert ist uns die erste Kunde über den Brauch des Palmsonntags erhalten. Die Palmprozession und die dort mitgetragenen Palmen sollten an den Einzug Jesu in Jerusalem erinnern. Nicht selten wurde noch vor der Zeit der Aufklärung (2. Hälfte des 18. Jahrhundert) in der Palmprozession ein hölzerner Palmesel mit einem geschnitzten Christuskörper mitgeführt. Diese wurden dann aber mit der Zeit verboten. In Bayern (Weilheim) und im Elsaß (Ammerschwihr) werden heute noch Palmesel bei der Palmprozession mitgeführt. Mit dem Palmsonntag wird die Karwoche –die stille Zeit- eingeleitet, so berichtet Alois Krafcyk.