Freitag, 6. Januar 2017

Was verbirgt sich hinter dem Notschrei?



Todtnau im oberen Wiesental war als alte Bergwerkstadt eigentlich von der Außenwelt abgeschnitten.  Der Weg im Wiesental, wie die sogenannte Straße hieß, wurde erst 1807 als Landstraße bezeichnet. Wobei dies nach heutigen Maßstäben eher einem Karrenweg glich. Nach der Säkularisierung war nicht mehr St Blasien sondern Freiburg der Verwaltungsmittelpunkt des oberen Wiesentals.  Die lebensgefährliche Verbindung nach Freiburg führte über Muggenbrunn, Halde und Günterstal nach Freiburg. Sie konnte im Winter gar nicht benutzt werden. Sie bestand   aus einem Steppweg. Die Saumtiere mussten steppen d.h. die Tragetiere konnten nur durch Sprünge die gefahrvollen Wegstellen überwinden.



Die Bewohner dieser gottverlassenen Gegend baten lange um eine bessere und vor allem schneesichere Wegverbindung nach Freiburg. Sie war eine Überlebensfrage der aufkommenden Bürsten- und Maschinenindustrie im oberen Wiesental. Dies traf aber auch auf die armen Taglöhner und Holzhauern zu, die ihr Brotmehl aus dem fruchtbaren Breisgau beziehen mussten. Gleichzeitig würde eine direkte Verbindung nach Freiburg zur Beruhigung der mit Hecker und Struve sympathisierten Bevölkerung im unteren Wiesental beitragen.



Nach  dreißig Jahren des Bittens, Klagens und Hoffens wurde 1847 der damalige Großherzogliche Badische Forstinspektor, Friedrich Julius Gerwig –sein Vetter Robert Gerwig war der Erbauer der Schwarzwaldbahn- beauftragt, eine Straße von Kirchzarten, Oberried über Muggenbrunn nach Todtnau zu projektieren. Sie wurde von Kirchzarten auf die Paßhöhe 1848 freigegeben. Auf der Passhöhe wurde ein Gedenkstein von den ehemaligen Gemeinden der Talvogtei Todtnau errichtet. Auf ihm ist vermerkt:



Nach dreißigjährigem erfolglosen Bitten bei der Hohen Regierung und Landtagen um die Straße wurde endlich auf den in den Hungerjahren 1844 erfolgten Notschrei der Gemeinden dem tief gefühlten Bedürfnisse dadurch abgeholfen, dass S.K. H. der Großherzog die Sache an die Direktion der Forstdomänen und Bergwerke überwiesen, deren Direktor das Bedürfnis in seiner ganzen Größe erkennend die Ausführung der Straße dem Bezirksförster Gerwig übertrug, welcher die Einleitung dazu traf und sie nachher zweckmäßig ausführte. Daher den beiden Männern Dank.




Seitdem erhielt die Passhöhe den Namen „Notschrei“. Die restliche Straße nach Muggenbrunn und Todtnau wurde 1852 eingeweiht.