Freitag, 17. Juni 2016

Was verbirgt sich hinter dem Schwarzwälder Orgelbau?



Vorgänger des Orchestrions waren die Spiel-, Flötenuhren und die Drehorgeln, die im Schwarzwald produziert wurden. Während aus der Drehorgel die  Jahrmarktsorgel entstand, entwickelte sich das Orchestrion als ortsfestes Instrument.



Ignaz Blasius Bruder gilt der Urahn des Orchsetrionbaus. Er hat sich sein Wissen als Autodidakt angeeignet.1806, also mit 26 Jahren, hatte er sich in Alt-Simonswald seine erste funktionsfähige Orgel hergestellt und verkauft. Eine Flötenspieluhr aus dem Jahre 1822 mit 50 geschnitzten und beweglichen Figuren ist heute noch in Basel vorhanden. 1834 zog Bruder, der insgesamt 15 Nachkommen hatte, mit seinem ältesten Sohn nach Waldkirch und begründete für 4 Generationen den traditionsreichen Orgel- und Orchestrionbau. Mit den Jahren entstanden aus den Bruder Familien drei Orgelfabriken.



Der andere Urahn einer berühmten Schwarzwälder Orgel- und Orchestrionbaufamilie war Martin Blessing, 1774 in Unterkirnach geboren. Nahezu alle Musikwerkbauer von Rang und Namen waren Schüler von Martin Blessing, dessen Nachkommen für 3 Generationen tätig waren.



1883 ließ sich Emil Welte aus Vöhrenbach, ein Schüler Blessings, die von ihm erfundene gelochte Papierstreifen als Steuerung patentieren. Diese Notenrollen lösten innerhalb kurzer Zeit die bisherigen Stiftswalzen ab.



Schon 1848 wurde in 3jähriger Arbeit ein Riesenorchestrion gebaut. 186 Tasten betätigten die Musikinstrumente. 524 Pfeifen in 15 Register ahmten die Klangfarbe von Flöte, Pikkolo, Fagott, Oboe, Trompete, Waldhorn und Posaune nach. Große und kleine Trommel, Triangel und türkisches Becken vervollständigten das Ganze. Der größte Erfolg wurde 1904 mit der Welt-Philharmonie-Orgel erzielt. Sie hatte ein Repertoire von mehreren tausend Musikrollen. 

Durch die Einführung des Rundfunkes und des elektrischen Schallplattenspielers brach um 1926 der Verkauf der Orchestrions völlig ein. In Waldkirch konnten sich die Familien Bruder zusätzlich nicht auf eine Zusammenarbeit einigen. Damit war das Ende eines traditionsreichen Handwerkes besiegelt.



In Waldkirch zeigt  das Elztalmuseum in der ehemaligen Propstei des Chorherrenstift St Margaretha (erbaut 1753-1755) auf 4 Stockwerken: den Waldkircher Orgelbau. Neben dem Elztalmuseum gibt es als weitere Instrumentensammlung: die Waldkircher Orgelstiftung. Alle 3 Jahre –zuletzt 2016- findet im Juni in Waldkirch ein großes Orgelfest statt.


Orchestrion von Bruder 1925
 
Ochestrion von Blessing 1936