Freitag, 11. März 2016

Was verbirgt sich hinter dem Landeswaisenhaus in Pforzheim?



Markgraf Karl Friedrich übernahm bei seinem  Amtsantritt 1746 in Pforzheim das 1718 fertiggestellte Landeswaisenhaus. Neben elternlosen, erziehbaren Kindern beherbergte es aber auch Arme, Zuchthäusler und Sieche. Ihnen wurde auch schon damals ein Schulunterricht, ein Handwerksberuf oder Hauswirtschaft zu lernen angeboten.



Der junge und aufgeschlossene Markgraf war in seiner armen Markgrafschaft auf der Suche nach Manufakturansiedlungen. Ein Schweizer, Franz Autran, begeisterte ihn von den Schweizer Uhrenmanufakturen in Genf und ihm Jura. Am 6. April 1767 erhielt er einen Vertrag, der ihm erlaubte Taschenuhren und zu einem späteren Zeitpunkt auch Großuhren (Pendeluhren) herzustellen. Am 27. August kamen auch noch die Erlaubnis Juwelen, Schmuck und feine Stahlwaren dazu.



Mit 40 Spezialisten der Uhrenfertigung, technischen Einrichtungen der Schweizer Uhrenfabrikation und viel Geld aus der markgräflichen Staatskasse wurde nach und nach die Uhrenproduktion in Gang gesetzt. Zunächst als staatliche Manufaktur bot sie nicht nur den Waisenkindern Ausbildung und Arbeitsmöglichkeiten sondern auch in mit zunehmenden Umsätzen den übrigen Bewohnern die Chance einer Berufstätigkeit.



1787 gelang es Johann Jakob Ador die staatliche Manufaktur zu entschulden und in privates Eigentum zu überführen. Staatliche Goldkontrollen beaufsichtigten die neuen Industriegründungen für Uhren und Schmuck, um die Qualität der Produkte zu sichern. Die neu entstandene Uhrenindustrie zog Schmuck- und Stahlbetriebe nach. Die mechanische und maschinentechnische Branche drängte nach. Das teuere Rohprodukt Gold verlangte eine optimale Verwertung und verlangte nach einer Scheideanstalt.  Der Vertrieb der Manufakturprodukte führte zur Gründung von heute noch bestehenden Versandhäusern. Nach 1850 setzte eine stürmische Aufwärtsentwicklung der Schmuckindustrie ein, so dass das Unterkunftsproblem nur mit Hilfe einer Wohnungsbaugesellschaft gelöst wurde.
 
Um 1800 gab es 900, 1925 1200 Betriebe. Heute im Zuge der Konzentration existieren noch 300 Betriebe mit ca 7.000 Beschäftigten. 75 % des deutschen Schmuckes kommt aus Pforzheim.



Wichtig für die Entwicklung der Pforzheimer Schmuckwarenindustrie war die begleitende Ausbildung der Beschäftigten. Die damalige 1876 gegründete Herzogliche Kunstgewerbeschule ist die heutige Hochschule Pforzheim. Die als 1833 gegründete Gewerbeschule und heute als Gold- und Uhrmacherschule tätig haben Weltgeltung.

Schmuckmuseum Pforzheim
 
Goldwand in der Schmuckerlebniswelt