Freitag, 21. November 2025

Was verbirgt sich hinter den Ruinen, die von einer vergangenen Zeit verkünden?

Allerheiligen 1680

Die Allerheiligen Wasserfälle, die im hinteren Lierbachtal -einem Seitental des Renchtals- in sieben Stufen insgesamt 66 m in die Tiefe fallen, sind heute ein bekanntes Besuchermagnet. Leider finden die oberhalb liegenden Ruinen des Klosters Allerheiligen dagegen weniger Beachtung.

Das Kloster Allerheiligen wurde 1196 von Herzogin Uta von Schauenburg nach dem Tode ihres Mannes,  Welfs VI, als Prämonstratenser-Chorherrenstift im hinteren Lierbachtal gegründet. Kaiser Heinrich VI und Papst Innozenz III haben 1204 die Gründung des Stifts bestätigt. Das eng gehaltene Gebiet umfasste den Bereich unterhalb des Schliffkopfs, Sohl-, Braunberg sowie bis unterhalb der Wasserfälle und das Patronatsrecht über Nußbach –später über das Patronatsrecht der Kirchen von Appenweier und Oberachern. Bei der Gründung wurde dem Kloster die Reichsunmittelbarkeit, Vogtei-, Steuerfreiheit sowie Immunität vor jeglicher Strafverfolgung im Klosterbereich gewährt. Allerdings kollidierte dies ab dem 14. Jahrhundert mit den Expansionsbestrebungen des Straßburger Bistums.

Ziel der Gründung des Klosters war die Erschließung des weitgehenden unbesiedelten Lierbachtales und Umgebung. Hier entstand in dieser einsamen schwer zugänglichen Bergregion ein kulturelles Zentrum und landwirtschaftliches Anwesen zur Selbstversorgung. Die Besitzungen erstreckten sich mit der Zeit auf den Rench- und oberes Achertal.

Aufgabengebiet der Prämonstatenser war vor allem die Seelsorge der Umgebung, Schreiben und Kopieren von Bücher sowie die Lehrtätigkeit und die Betreuung von Wallfahrten wie die von Nußbach zur Wallfahrtskapelle St Wendel oder der Bau der Wallfahrtskirche von Lautenbach. Noch heute wird die Wallfahrt von einem Prämonstratenser zu Pferde angeführt. 1594 wird erstmals ein Gymnasium mit bis zu 50 Schülern erwähnt, das aus der mittelalterlichen Klosterschule hervorgegangen war. Weitere Einnahmen waren aus der Klosterschänke oder Herberge von Reisenden und Pilgern aus der Klosterapotheke zu erzielen und auch aus der Landwirtschaft.  Prämomstratenser waren Chorherren d. h. Priester mit Ordensgelübde aber keine Mönche. Die Laienbrüder bestimmten das Klosterleben gleichberechtigt mit.

Ende des 16. Jahrhunderts wurde vom lutherischen Markgrafen versucht das Kloster „auszubluten“, um es zu übernehmen. Aber Dank der Hilfe von Kaiser Rudolf konnte dies verhindert werden. 1657 wurde das Kloster Allerheiligen von der Probstei zur Abtei erhoben,  und damit von einem Abt geführt.

1802/03 wurde das Kloster gemäß dem Regensburger Reichsdeputationshauptschluss von Karl Friedrich von Baden aufgelöst und abgewickelt. Die 29 Patres mussten das Kloster verlassen und wurden in den umliegenden Gemeinden als Pfarrer sofern das nicht möglich war als Lehrer eingesetzt. Ein Jahr nach der Aufhebung des Klosters leitet ein Blitzschlag den Zerfall der Anlage ein. 1806 wurde noch versucht die restlichen Gebäude mit einer Spinnerei nützlich zu gebrauchen. Aber die Abgeschiedenheit war zu groß. 1812 wurde die Kirche von Allerheiligen ausgeräumt und die Gegenstände auf die umliegenden Kirchen und Kapellen verteilt worden, die Gebäude wurden auf Abbruch versteigert oder für andere Kirchen wie in Achern genutzt. Die Bestände der umfangreichen Abtei wurden zwischen der Hofbibliothek Karlsruhe und Uni-Bibliothek Heidelberg verteilt. Die Entscheidung war gefallen, keine Kirchengemeinde in Allerheiligen zu gründen und damit waren Gottesdienste überflüssig.

Im Forsthaus des Westflügels wurde 1844 eine Gaststätte eingerichtet, nachdem die Wasserfälle touristisch erschlossen worden waren. 1871 wurde die Gaststätte zu einem dreistöckigen Kurhotel erweitert. 1887 entstand ein zweites Hotelgebäude. Der Caritasverband Mainz wandelte das Hotelareal in ein Kinderheim um. Seit 1978 befindet sich darin ein Landschulheim. Seit 2013 betreibt EOS Erlebnispädagogik ein Tagungszentrum in den Räumen. Seit 1991 wird in den Resten des Kirchenschiffs im Juli Freilichtaufführungen durchgeführt.


Allerheiligen heute

Freitag, 14. November 2025

Was verbirgt sich hinter der Familie Siedle?

Salomon Siedle 1830-1890

Mathäus Siedle (1757-1816) stammt vom Bregenbachhof in Neukirch, heute ein Ortsteil von Furtwangen, bewirtschaftete ab 1794 den Hof. Er baute zum Hof eine Gießerei, um Metallglocken zu gießen, die die Glasglocken bei den Uhrenbauern ablösten. Sein Sohn Salomon (1787-1857), auch Bregeme-Salomon genannt, erlernte das Glockengießen bei seinem Vater und erwarb 1816 den Oberbregenbachhof, der früher vom Bregenbachhof abgetrennt worden war. Drei Söhne erlernten bei ihm das Glockengießen:

Salomom II (1830-1890) zog 1868 nach Furtwangen und betrieb dort eine Gießerei. Die inneren Teilen der Uhr wurden in Sandformen aus fließendem Metall gegossen, nach Erkaltung derselben mit einer Zange abgebrochen, sortiert, im Rauhen fein gedrechselt und auf besonderen Maschinen mit Zähnen versehen. Die Messingrohlinge wurden also einzeln verzahnt. Später wurden die Zahnräder aus dem Rohling gestanzt. Auf Anregung seines Sohnes Robert, steigt Salomom II Siedle in die Prodiktion elektrotechnischer Artikel ein: 1887 beginnt Siedle wegweisend mit dem Telefonbau. 1884 kommt es zur Gründung der Firma „S. Siedle & Söhne“ (SSS Siedle) Die Furtwanger Zulieferer spürten natürlich auch den weltweiten Konkurrenzkampf der Uhrenhersteller. Deswegen zog sich Siedle sich langsam aus dem Uhrengewerbe zurück und widmete sich ab 1900 den Fernsprechapparaten und deren Zubehör zu. Damit wandelte sich Siedle gegen Ende des 19. Jahrhunderts zum deutschen Pionier der Telegrafie und Telefonie. Wegen des Fernmeldemonopols der Post 1928 spezialisierte sich „SSS Siedle“ auf Haus- und Fernsprechanlagen. Horst Siedle (1938-2019) führte ab 1970 bis 2019 das Unternehmen und danach seine Frau, Gabriele bis 2023 das Unternehmen mit knapp 500 Mitarbeitern zur heutigen Größe. Siehe: Was verbirgt sich hinter dem Schwarzwälder Unternehmen „S. Siedle & Söhne“.

Vinzens gründete 1836 in Triberg eine Gießerei, um Uhrenräder und anderes für die Uhrenindustrie zu gießen. Mit von ihm erfundenen und Wasserkraft betriebenen Maschinen verzahnt Siedle 1858 Rohlingen zu Zahnrädern und zwar zum gleichen Preis wie der rohe Guss. Aber auch Ketten werden maschinell hergestellt. 1873 traten die Söhne Alfred und Hubert in die elterliche Firma ein. Zur Messinggießerei kam noch die Eisengießerei hinzu, so dass 400 Mitarbeiter beschäftigt wurden. Durch unglückliche Dispositionen kam es 1901 zur Liquidation des Unternehmens.

Josef gründete 1854 in Schönwald eine Gießerei, die er schon 1905 nach Vöhrenbach verlegte, da es in Schönwald keine Erweiterungsmöglichkeit gab und Vöhrenbach zusätzlich einen Eisenbahnanschluss ermöglichte. Mit seinen Söhnen und mehreren Hilfsarbeitern goss er hauptsächlich Fahrradglocken. Ein weiterer Bruder, Paul (1889-1976), stieß hinzu und sie verlegten den Betrieb 1920 in einen Neubau in der Nähe des Bahnhofes und firmierten „Gebrüder Siedle, Glocken-Gießerei und Galvanisierungsanstalt“. Mit der Elektrizität kamen elektrische Läutwerke an der Haustür, bis zu Läutwerken für Straßenbahnen hinzu. 1925 wurde ein Presswerk hinzu gebaut, denn zahlreiche Gegenstände für Maschinen lassen sich anstatt formen und gießen, in einer Warmpressverformung in einem Arbeitsgang herstellen. Die Gießerei ging zurück und eröffnete der Presstechnik ein neues Tätigkeitsfeld. In den 60er Jahren kam das Hohlschmieden von Konstruktionsteilen hinzu d.h. die Teile werden am Computer entwickelt, bis der Kunden die Teile genehmigt, die dann erst gefertigt werden. 1999 übernahm eine Firma Allbrass aus Holland, ein Spezialist im Warmpressen von Messingteilen das Unternehmen Siedle. 2022 wurde die gesamte Produktion nach Holland verlegt.

Ein Unternehmen „SSS Siedle“ in Furtwangen blieb als Unternehmen von den drei Brüdern übrig und wird als Familienholding von fremden Managern geführt.

Nebenbei bemerkt war das 6. Kind von Matthäus Siedle, der Mathias (1770-1846), einer der bedeutendsten Spieluhrmacher, der in Gütenbach wirkte.

Freitag, 7. November 2025

Was verbirgt sich hinter der Wiesentalbahn?

Einweihung 1889 in Todtnau

Die heutige Wiesentalbahn ist eine 29 km lange elektrifizierte Hauptbahn vom Badischen Bahnhof in Basel immer der Wiese entlang –anfangs auf schweizerischen Gebiet, über Lörrach, Schopfheim nach Zell i. W. (Siehe Was verbirgt sich hinter dem Badischen Bahnhof in Basel?)

Was staatliche Stellen nicht geschafft hatten, gelang einer privaten Initiative. Mit Hilfe Basler Industriellen, die Produktionsstätten im Wiesental oder zumindest wirtschaftliche Interessen hatten, wurde eine private Eisenbahn, die „Wiesental-Eisenbahn-Gesellschaft AG“, 1860 gegründet. Der Badische Bahnhof war also ursprünglich der Kopfbahnhof der Wiesentalbahn und führt mit 4 km über Schweizer Gebiet mit mehreren Haltestellen.1862 wurde das erste Teilstück bis Schopfheim eingeweiht.

1876 wurde die „Hintere Wiesentalbahn“ zwischen Schopfheim und Zell i. W. durch die private „Schopfheim-Zeller Eisenbahn-Gesellschaft“ in Betrieb genommen. Die 1889 durch Großherzog Friedrich I eingeweihte Fortsetzung von Zell i.W. nach Todtnau als „Obere Wiesentalbahn“ wurde aber als Schmalspurbahn, wie für Nebenbahnen üblich, erstellt. Um die verstärkte Nachfrage der Gewerbebetriebe nach Güterverkehr zu befriedigen, wurden normalspurige Güterwagen auf Rollböcke geführt, um die verstärkte Nachfrage zu bedienen. Dieser Abschnitt der „Oberen Wiesentalbahn“ wurde in den 1960er Jahren stillgelegt und zu einem Bahntrassenweg umgebaut.

Das Deutsche Reich verlangte vom Großherzogtum Baden aus militärischen Gründen eine leistungsfähige Eisenbahn Weil – Säckingen. Für vorhandene Strecke Weil-Schopfheim sollte die Wiesentalstrecke mitbenutzt werden. Aus diesem Grunde kaufte das Großherzogtum 1889 die gesamte Strecke Basel – Zell i. W. und gliederte sie in die Großherzoglichen Badischen Staatsbahnen ein. Wie immer, wenn das Militär mitbestimmt, war es möglich, dass die Strecke mit der Wehratalbahn als eine der ersten in Deutschland elektrifiziert wurden. Allerdings war es verboten, die schweizerischen Haltestellen zwischen Badischen Bahnhof und der Grenze zu bedienen.

Natürlich war der Wunsch verständlich, eine Verbindung vom oberen Wiesental Richtung Freiburg zu bekommen. Der Verwaltungsmittelpunkt hat sich nach der Säkularisierung von St Blasien nach Freiburg verlagert. Außerdem wollte man nicht unbedingt im Ausland und im teuren Basel sondern in Freiburg einkaufen.

Die kürzeste Strecke von 22 km wäre Todtnau, Brandenberg, Fahl, ein 4,5 km langen Tunnel unter dem Feldberg bis St Wilhelm, Oberried und Kirchzarten mit Anschluss an die Höllentalbahn zu bauen. Kosten wären allerdings 15,4 RM gewesen. Als Alternative wurde die Lösung Untertunnelung des Feldbergs mit Richtung Titisee oder Schluchsee vorgeschlagen. Die Untertunnelung wäre kürzer, aber ein Höhenunterschied von 300 Meter wäre zu überwinden gewesen.  Hinzu gekommen wäre, dass die gesamte Strecke von Zell i. W. bis Todtnau auf Normalspur hätte gebracht werden müssen, denn sie war ja nur eine Schmalspurbahn. Die Lösungen wurden wegen der hohen Kosten bis zum 1. Weltkrieg diskutiert und verschwanden dann in der Versenkung.

Ankunft der Skifahrer in Todtnau, Weiterfahrt per Bus zum Feldberg


Freitag, 31. Oktober 2025

Was verbirgt sich hinter Laufenburg, der Erzstadt an den Rheinstromschnellen?

Laufenburg 2010

Laufenburg, eine der vier Waldstädten neben Waldshut, Bad Säckingen und Rheinfelden, besteht aus zwei Städten: Laufenburg/ Baden mit seinen 10.000 Einwohnern
  und Laufenburg AG im schweizerischen Kanton Aargau mit seinen knapp 4.000 Einwohnern. Laufenburg wurde als Erzstadt bekannt, wegen seiner Stromschnellen –den Kleinen Laufen- berüchtigt und seinem Lachsfang berühmt.

Seit der Karolingerzeit besaß das Reichsfrauenstift Säckingen weite Ländereien entlang des Rheins. Die Zehnten für das Kloster wurden in der Gegend um Laufenburg abgeliefert. Daraus entstand mit der Zeit ein bedeutender Marktplatz. Im Jahr 1173  belehnt Kaiser Friedrich I Barbarossa die Grafen von Habsburg mit dem Gebiet Laufenburg, der Engstelle und den Stromschnellen im Rhein, die sich zum Bau einer Rheinbrücke und damit zum Bau einer Stadt eignete. Die Stromschnellen bildeten sich, da die Rheinfluten die gerade zwölf Meter schmale Flussenge an der Spitze der felsigen Halbinsel passieren musste.  

1315 erlangte Laufenburg das Stadtrecht. Das südliche Ufer von Laufenburg war geschützt, da das Fricktal –heute zum Kanton Aarau gehörend- seit 1386 hoheitlich zu Vorderösterreich gehörte wie das gesamte Gebiet nördlich des Rheins. Laufenburg war „Erzstadt“, denn das Rohmaterial kam aus dem Fricktal, Kohlholz aus dem Hotzenwald und das „Hännerwuhr“ brachte das Wasser. Dies berichtete schon Sebastian Münster (1488-1552) in seiner Cosmographia, denn schon 1494 gründeten 33 Hammerschmiedemeister den Hammerschmiedbund. Die Kleine Laufen bildeten die Grundlage für ein weiteres einträgliches Gewerbe. Oberhalb der Stromschnellen mussten die Schiffe entladen werden, diese wurden auf Karren geladen, die leeren Schiffe an Seile durch das tosende Wasser gezogen und unterhalb wieder beladen. Auch die Flöße wurden oberhalb entbunden, einzelne Stämme durch die Stromschnellen geschickt und unterhalb wieder zusammengebunden. Im 19. Jahrhundert fuhren 2.500 Flöße durch Laufenburg. Auch der Flößer Trautwein musste mit seinem Floß vom Bodensee nach Straßburg seine bittere Erfahrung machen. Unterhalb der Stromschnellen sammelten sich die Lachse auf dem Weg zu ihren Laichplätzen flußaufwärts. Mit großen Netzen, die an Kranen befestigt waren, wurden diese aus dem Fluss gefischt. Dies war das dritte einträgliche Gewerbe in der Stadt.

1797 wurde das Fricktal nach dem Frieden von Campo Formio ein französisches Protektorat. Nach dem Frieden von Lunéville wurde Laufenburg in zwei Teile geteilt. Die südliche Rheinseite mit Großlaufenburg und 800 Einwohnern wurde 1802 der Eidgenossenschaft zugewiesen, das nördliche Ufer mit der damaligen Vorstadt und 270 Köpfen dem Großherzogtum Baden.

Ab 1908 setzte ein wirtschaftlicher Aufschwung mit dem Bau des ersten großen Fließwasserkraftwerk –Kraftwerk Laufenburg- flußabwärts ein.  Um den erforderlichen Rückstau für das Wasserkraftwerk zu bekommen, wurde das Flussniveau um 10 m angestaut, die Felsen auf der schweizerischen Seite wurden gesprengt. Einige darauf gegründete Häuser mussten weichen. Durch das Aufstauen verschwanden die Stromschnellen. Es verschwand im Stadtbild nicht nur Romantik sondern wirtschaftliche Interessen gingen verloren. Der Gütertransport wurde vom Fluss auf die Eisenbahn verlagert, Überfischung und Uferbereinigung vertrieben die Lachse. Die alte Holzbrücke wurde durch eine leistungsfähigere ersetzt.

Beide Laufenburgs konnten 1914 das erstmals quer zum Rhein stehende Kraftwerk abschließen, ist heute immer noch Vorbild für Laufwasserkraftwereke und ist heute Motor für die wirtschaftliche Entwicklung beider Städte. Es produziert 700 Mio KW und versorgt 750.000 Kunden mit dem alltäglichen Strom.

Laufenburg 1789


Freitag, 24. Oktober 2025

Was verbirgt sich hinter dem Wendelinusheiligtum in Bottenau?


Wendelin als Hirte mit Schaf oder Schwein abgebildet ist ein katholischer Heiliger, der in der Wendelinusbasilika in St Wendel im Saarland beerdigt ist. (Patrozinium 20.10.) Er soll im 6. Jahrhundert im Bistum Trier missionierend tätig gewesen sein. Wendelin ist der Patron der Bauern und gilt als Schutzheiliger der Bedrängten.

Erster Hinweis auf eine Wendlinskapelle in Bottenau bei Nußbach im Renchtal ist ein Lehensbrief 1591. Dort ist vom „Fröschberg“ in Bottenau „unterhalb des Kernenehofs bei St Wendel“ die Rede. Es handelte sich wohl um eine private Hofkapelle, die St Wendel geweiht war. 1714 fand ein Bauerngericht in Bottenau statt und diese beschloss mit Zustimmung der Gemeinde, die alte Wendelinuskapelle abzureißen und ein größeres Kirchlein zu bauen. Gründe waren die furchtbare Pest 1634/35, der 30jährige Krieg, die nachfolgenden Erbfolgekriege. Denn mit dem Friedensschluss 1714 wollte die Bevölkerung mit dem Kirchleichlein Gott und St Wendelin für die Errettung Dank sagen.

Der Aufschwung der St Wendelinuswallfahrt war so stark, dass schon 1756 eine neue größere Kirche gebaut werden musste. Die Wallfahrer kamen nicht nur aus der näheren Umgebung sondern auch aus dem ganzen Renchtal und der Ortenau. Am Pfingstdienstag und am Wendelinstag wurden feierliche Prozessionen mit Musik, Kreuz, wehenden Fahnen und dem Bild des hl Wendelin  abgehalten. Die neue Kapelle bot die Möglichkeit den ansteigenden Zahlen der Wallfahrer, eine feierliche Prozession zu erleben.

Aus den steigenden Zahlen der Pilger floss mittlerweile ein stetiger Strom an Spenden. So konnte das Bottenauer Bauerngericht die Schulden und Zinsen vom Bau der Kapelle abbezahlen. Weiterhin war es möglich Bau und Unterhalt des Mesnerhauses, die Gottesdienste, die jährliche Armenunterstützung, Meßgewänder, Kelche und Kerzen zu bezahlen. Bis in das 20. Jahrhundert brauchte die Kirche keine Gelder für die Kapelle aufwenden.

Französische Revolution, die Aufklärung unter dem Österreichischen Kaiser Josef II, der Kulturkampf in den 1860er Jahre in Baden, die Naziherrschaft konnten St Wendel und ihrer Wallfahrt nichts von dem Zutrauen und Bedürfnis der Pilgerwallfahrt nehmen. 1945 verwechselte ein französischer Panzerfahrer die Statue des hl Wendelins auf dem Kapellenturm mit einem deutschen Beobachter und schoss mit einer Panzergranate den Turm der Kapelle ab.

Nach dem 2. Weltkrieg kam sehr schnell das Bedürfnis wieder eine Wendelinuswallfahrt festlich zu feiern. Über 10.000 Besucher verfolgten die Wallfahrt nach St Wendel mit anschließender Pferdesegnung. Auch berühmte Personen ließen es sich nehmen, wie Franz von Papen 1954 und 1956 oder der Erzbischof von Straßburg 1957 an dieser Reiterwallfahrt teilzunehmen. Selbst 2023 waren 104 Pferde und eine Kutsche bei der St Wendelinuswallfahrt.

Die einschiffige Kapelle findet ihren Abschluss in der Apsis. Die kniende Gestalt des heiligen Wendelin krönt den Altar und ist einbezogen in das Chorapsisgemälde, das Decke, gewölbte Chorwand und Langhaus verbindet. Es stellt den hl Wendelin dar, die Schafe hütend, ein anbetendes Ehepaar, eine Vision mit Engeln, darüber die Allerheiligste Dreifaltigkeit, im Hintergrund Nußbach mit der alten romanischen Kirche.

Neben der Kapelle steht eine kleine Waldkapelle. In ihr wird ist das barocke Gnadenbild von St Wendel, Pfarrei Nußbach-Bottenau untergebracht. Es wurde 1936 vom Dachboden geholt und restauriert. Unterhalb der der Wendelinuskapelle liegt der Wendelinbrunnen. Bei Viehkrankheiten tränken die Bauern ihre Tieren mit diesem Wasser, um sie vor Krankheit zu schützen.



 

 

Donnerstag, 16. Oktober 2025

Was verbirgt sich hinter dem Schicksal der Anna Maria H.?

 


Seit dem 14. Jahrhundert wird von der Wallfahrt zum hl Romanus am 9.8. (Patrozinium) berichtet: „Suchst du einen Mann, wallfahre nach St Roman“! Das Sakramentshäuschen der Wallfahrtskirche zeigt gotische Stilelemente, die auf 1481 zurückweisen. Weil die Bedeutung und Einnahmen der Wallfahrt so zunahmen, wurde 1784 St Roman eine eigene Pfarrei eingerichtet. 1902 erhielt die Wallfahrtskirche ihren Turm. Die jetzige Kirche wurde durch die großzügigen Spenden und Spanndienste der Bauern von St Roman in der heutigen Größe 1922/23 gebaut. Die Hofzeichen in der Kirche zeugen noch heute vom Opfersinn der St Romaner Höfe.

Politisch gehörte St Roman ab 1246 zum Stab Kinzichental und bis 1800 zu Fürstenberg, ab 1832 war es eine eigene Gemeinde Kinzital und wurde 1971 nach Wolfach eingemeindet. Zu St Roman gehört das Sulzbächle, Elmlisberg, St Roman, der obere Langen- und Übelbach mit dem Sargenberg sowie der Waldlehne.

In der Abgeschiedenheit der Wälder liegt der Elmlisberg mit seinen wenigen Höfen umgeben von riesigen Wäldern. Aber hier schlug das tragische Schicksal zu. Eine der jungen und hübschen Töchter des Bauern stellte fest, dass sie schwanger geworden ist. Man kann heute nicht mehr ermessen, welches Schicksal das in der Zeit des 18. Jahrhunderts bedeutete. Standesgemäße Hochzeit auf einen der Höfe ade, ein Leben lang als Magd herumgestoßen zu werden. In einer dunklen Stunde der Not brachte Anna Maria ihr Neugeborenes um. Es kam, wie es kommen musste, die Tat ließ sich nicht verheimlichen, die Obrigkeit erfuhr von der schrecklichen Tat und forderte Bestrafung und Sühne.

Das Malefizgericht wurde in Wolfach als Amtsstadt einberufen, das sich jeweils aus 6 Wolfacher und Hausacher Ratsherren, unter diesen meist der Schultheis, zusammensetzte. Mindestens sieben Richter mussten auf „schuldig“ plädieren. Was auch geschah und deswegen das Urteil „Tod durch Schwert“ lautete. Für den Todestag durfte sich die Verurteilte ein von ihr selbst gewähltes Henkermal bestellen. Zur bestimmten Stunde ertönte das Armsünderglöcklein. Von Henkersknechten und Wächtern wurde sie zu Fuß begleitet, gefolgt von den Beamten, Richtern und der Geistlichkeit, Schultheis und Amtsbürgermeister hoch zu Ross. Von allen Seiten strömte das schaulustige Volk herbei und schließt sich drängend dem Zug an. Bei dem „Cäpelin“ unweit der Siechenbrücke wird kurz Halt gemacht. Vor dem Bild des Gekreuzigten und der beiden Schächer erweckte die Verurteilte Reue und Leid. Die Menge erflehte Gottes Barmherzigkeit. Doch schon setzte sich alles wieder in Bewegung zur Richtstätte auf dem Galgenbühl, dem heutigen Gelände der Fa Sachtleben AG, Nähe der Einmündung des Kirnbachs in die Kinzig..

Jakob Seidel als Scharfrichte will mit der Hinrichtung sein Meisterstück bestehen. Dagegen hat sich der Oberamtmann von Schwab an die Regierung von Donaueschingen gewandt. Seine Bedenken waren, dass es wie beim Vater sich ereignen könnte, ein Fehlschlag beim Meisterstück der Hinrichtung. Dafür hatte Anna Maria einen zu starken Anhang und kam von einem der angesehensten Höfe aus St Roman. Er befürchtete Unruhen bei einem unglücklichen Streich. Deswegen wurde bei Anna Maria der Triberger Scharfrichter Johann Georg Steinmayer vorgesehen, sehr zum Ärger der Familie Seidel.

Der Kapuzinerpater Vicarus der Vätter zu Haslach begleitete Anna Maria zur Richtstätte, 8000 Schaulustige wohnten der Hinrichtung bei. Die arme, gezopfte und geputzte Sünderin, musste kniend vor der Hinrichtung „den unterthänigsten Dank für ihr gnädiges Urtheil öffentlich aussprechen“ und zeigte viel Zerknirschtheit und reumütige Ergebenheit. Sie ging tapfer, wie ein Mensch, der weiß, warum er mit dem Leben abgeschlossen hat, in den Tod. Sie wurde nach sehr selten erteilter Gnade auf dem Wolfacher Friedhof begraben, anstatt an der Richtstätte verscharrt zu werden.

Galgen von Triberg heute


Freitag, 10. Oktober 2025

Was verbirgt sich hinter der Rußhütte von Freudenstadt?

Freudenstadt Rußhütte 1979

Bisher bekannt als steinerner Zeuge eines ausgestorbenen Waldgewerbes ist die Rußhütte in Enzklösterle, 1829 erbaut und 1992/94 vollständig restauriert. (Was verbirgt sich hinter Enzklösterle?)

Beim Kienrußbrennen wurde der begehrte Kohlenstoff gewonnen, der vor allem für schwarze Ölfarbe, Stiefelschmiere, Ofenschwärze, Druckerschwärze, Tusche, Pigmentpaste und sonstige Färbemittel benötigt wurde.

Benötigt wurde harzhaltiges Material wie Harz- oder Pechgrieben, Pechreste beim Salbenbrennen oder harzige Nadelholzzapfen und Nadelholzreisig von Tanne, Fichte und Kiefer. Dieses Material wurde unter Luftmangel verbrannt bzw verschwelt. Die rußbeladenen Verbrennungsgase leitete man in den Rußfang d.h. in ein Stein-Gewölbe. Der Brennofen stand entweder im Freien daneben und musste über den sog. Rußfang verbunden sein oder der Ofenstand in einem angrenzenden Raum und entließ den rußigen Rauch durch eine Wandöffnung direkt in den Rußfang.

Die gröberen Partikel setzten sich in den Rußsäcken ab. Das waren schlauchartige zusammengenähte Säcke. Der grobere Ruß setzte sich früher ab wie der feinere, so dass verschieden Qualitäten gewonnen werden konnten. Die Filtertücher mussten von Zeit zu Zeit ausgeklopft werden, im Gewölbe des Rußfangs wurden ebenfalls Wände und Boden abgekehrt. Die unterschiedlichen Qualitäten des Rußes wurden in Fässern gelagert und kamen zum Verkauf.

Aber auch in Freudenstadt gibt es eine Rußhütte, was den Wenigsten bekannt war: Am 21. April 1725 richteten die beiden Freudenstädter Bürger und Taglöhner Hannß Georg Rubin und Frantz Buchmann ein Gesuch um Errichtung einer Rußhütte an die herzogliche Rentkammer. Sie sollte in einem abgelegenen, abgesonderten Feld hinter den Salpeterhüttenplatz innerhalb des Walls errichtet werden. Gleichzeitig wurde versichert, dass die notwendigen Rohstoffe wie Brennholz und Harz bei den Bauern im Alpirsbacher Amt und im Fürstenbergischen und nicht im Freudenstädter Forst beansprucht werden sollte.

1849 wurde die Rußhütte in Betrieb genommen und dürfte wohl 20 Jahre in Betrieb gewesen sein. Es wurde Ruß z. B. für Pflegemittel und Druckerschwärze gewonnen. Sie bestand aus zwei Vollgeschossen mit Dachstuhl darüber, unter der Grasnarbe befand sich der Gewölbekeller. Die Spuren der Rußproduktion konnte man im Rußkeller noch sehen. Nach 20 Jahre in Betrieb wurde die Rußhütte zu einem einfachen Wohnhaus umgebaut - mit mehreren Anbauten. Die habe man mittlerweile aber entfernt, so das Denkmalamt. So war die Rußhütte in der Stuttgarter Straße dahin geschlummert.

Wegen der Verlegung der B 28 vom Kniebis – Freudenstadt- Stuttgart herkommend mit der B 462 Baiersbronn – Freudenstadt vierspurig unter Tage als Tunnellösung, war die Rüßhütte in der Stutttgarter Straße im Weg. Deswegen wurde sie vom Regierungspräsidium,  Denkmalamt und der Stadt Freudenstadt 5 Kilometer weiter in die kommende Gartenschau im Christophstal verlegt. Jeder der 10.000 Buntsandsteine wurde einzel abgetragen und mit Nummern versehen und im Chistophstal wieder aufgebaut. Auch das Dach wird noch wie früher die Holzschindeln bekommen. Die Stadt Freudenstadt sucht für die Nutzung nach der Gartenschau einen Pächter. Die Kosten dürften im Bereich von 1.8 Mio € liegen. Wobei die Stadt Freudenstadt 200000 € zu tragen habe.

 

Rußhütte wieder aufgebaut





Rußhütte Schema