Freitag, 5. September 2025

Was verbirgt sich hinter der Notwirtschaft Zuflucht auf dem Rossbühl?

Zuflucht 1840

Wer die L 92 von Oppenau hoch zum Rossbühl, dem nördlichsten Punkt des Kniebismassivs fährt, kommt nach der letzten Haarnadelkurve am Natur- und Sporthotel Zuflucht vorbei. Ein gediegenes Hotel der 3-Sternen-Klasse in Schwarzwälder Höhenlage mit einem herrlichen Aussichtsplatz auf die Rheinebene und Straßburg sowie im Winter einem Skihang auf 970 m Höhe. Ein Haus mit einer Geschichte von 218 Jahren.

Schon 1803 stellte der Oppenauer Sonnenwirt, Josef Schatzmann, den Antrag, auf dem Rossbühl ein Gasthaus errichten zu dürfen. Die Ablehnung der Obrigkeit war klar und deutlich: „Entlegene Wirtshäuser sind gewöhnlich Schlupfwinkel für Leute, die mit Zechen und Spielen und anderen Ausschweifungen sich der Polizeikonsultationen entziehen“.

Drei Jahre später ersteigerte der Oppenauer Joseph Börsig die baumlose Grinde auf dem Rossbühl als Sommerweide für sein Vieh, wohnte in einer Blockhütte und schenkte Wein an Fuhrleute und Reisende zur Stärkung aus. Schließlich pachtete Martin Braun aus Oppenau das Recht, eine Buschwirtschaft auf der Höhe zu betreiben. 1834 konnte der Neubau –Haus mit Stall, Remise und zwei Gästezimmer- bezogen werden, das nun ganzjährig bewohnbar war.

1835 tauchte ein neuer Pächter der Buschwirtschaft auf, Anton Beiser. Berühmt wurde er, als er ein Jahr später fünf Händler aus Württemberg, die in Oberkirch den Nikolausmarkt besuchten, rettete. Sie hatten sich auf dem Heimweg im hohen Schnee verirrt.  Beiser benannte seine Buschwirtschaft daraufhin in „Zuflucht“ um. Auch von weiteren Pächtern wurde immer wieder berichtet, dass sie Verirrten vor dem Erfrierungstot retteten.

Nahe der Buschwirtschaft lag die sog. Schwaben- oder Röschenschanze, eine Befestigung, die von 1796 stammte. Dort belebte ein 1860 errichteter hölzerner Aussichtsturm den Sommertourismus. Im 1870/71 Krieg konnte die Beschießung von Straßburg beobachtet werden.

Da die Verpachtung der Buschwirtschaft offensichtlich der Stadt Oppenau nicht genügend war, entschloss man sich, sie nach über 100 Jahren an Mathias Schmelzle und Sohn Christian zu verkaufen. Die beiden gingen auch bald den Neubau an, dass aus der Schutzhütte, Buschwirtschaft und bescheidenen, kleinen „Zuflucht“ ein renommiertes Höhenhotel entstand. Der gute Ruf zog Gäste aus dem In- und Ausland an. Durch Erweiterung und Modernisierung war bis zum Ersten Weltkrieg ein Höhenhotel mit 30 Zimmern mit 50 Betten entstanden. Nach und nach kamen elektrische Beleuchtung aus eigenem Elektrizitätswerk, Wasser- und Abwasserversorgung hinzu.

Der Sohn Christian führte ab 1923 das Hotel erfolgreich weiter. Auch er rettete elf angemeldete Gäste, die von Allerheiligen zum Hotel kommen wollten und nicht kamen. Der Suchtrupp fand sie halb erfroren in einer einsamen Hütte. 1925 wurde der Hotelkomplex nochmals um 23 Zimmer, Glasveranda und Landhaus erweitert. In den 1930er Jahren nutzte Porsche die kurvenreiche Bergstrecke der Oppenauer Steige, um die Leistung der luftgekühlten Motoren zu testen. Einer dieser Testfahrer, Karl Ott, heiratete eine der Schmelzle Töchter, so dass die Hotelführung ab 1958 unter dem Namen Ott in gleicher Familie weitergeführt wurde.

Nach dem Tode von Karl Ott 1967 modernisierte sein Sohn Rüdiger den gesamten Komplex, um den mittlerweile geforderten gehobenen Komfort bieten zu können. 1973 wollte Rüdiger Ott den gesamten Komplex um 100 Betten erweitern, Schwimmbad und weitere Freizeiteinrichtungen installieren. Die zuständigen Aufsichtsbehörden spielten aber nicht. Des Kämpfens müde gab Rüdiger Ott 1980 den Hotelkomplex auf und verkauften den Besitz an die Deutsche Jugendherbergswerk. Aber auch das wurde nach 26 Jahren wegen zu geringer Übernachtungen geschlossen. Nach dem Leerstand kaufte Alois Ritter 2012 den Komplex und baute es zu heutigen "Natur- und Sporthotel Zuflucht" um.

 

Zuflucht 70er Jahre