Freitag, 19. Juli 2024

Was verbirgt sich hinter dem Tüftler Ernst Leitz aus Sulzburg?

Ernst Leitz 1843-1920

Ernst Leitz wurde 1843 in Sulzburg als Sohn des Lehrerehepaars Ernst August und Christina Elisabeth Leitz geboren. Nach dem Wunsch des strenggläubigen, katholischen Ehepaars sollte der Sohn Priester werden. Aber die Interessen des Jungen hingen an der Mechanik und nicht an Bibel und Kruzifix. So erhielt er bei Christian Oechsele, dem Sohn des Weinwaage Erfinders, Ferdinand Oechsle, in Pforzheim eine fünfjährige Mechanikerausbildung und besuchte gleichzeitig die dortige Gewerbeschule. Seine Lehrjahre führten ihn anschließend in die Schweiz zur Telegrafen- und Uhrenfabrik Mathias Hipp, wo er nach dem Tüfteln bei Öchsle die Vorzüge der Serienfertigung erlernte.

Durch einen Hinweis wurde er auf das optische Institut Carl Kellner in Wetzlar aufmerksam. Dort wurden in einer kleinen Werkstatt in veralteter Art Mikroskope hergestellt.  1864 trat er in das kleine Unternehmen ein, obwohl es eine Herkulesarbeit war, die Fertigung zu organisieren. Erleichtert wurde sein Aufenthalt in Wetzlar durch seine spätere Frau, Anna Löhr, eine Gerberstochter vor Ort.

1865 wurde er Teilhaber des optischen Unternehmens, 1870 konnte er den Betrieb gänzlich übernehmen und trieb die Qualitätsverbesserung der Mikroskope als auch die Serienfertigung voran. Erheblichen Aufschwung erfuhr die Werkstatt nach dem Ende des 1871er Krieges, als das Mikroskop zum wichtigsten Hilfsmittel der Wissenschaft wurde. Vor allem gelang ihm dank Serienfertigung beste Qualität mit Preiswürdigkeit zu verbinden. Wichtig war Ernst Leitz der Kontakt zur Wissenschaft, denn er demonstrierte auf Naturforscher- und Ärztetagungen seine Mikroskope selbst. Durch diese Zusammenarbeit konnten die erfolgten Anregungen direkt eingesetzt und optimiert werden.

Ab 1880 wandte sich Ernst Leitz mit seinem ältesten Sohn, Ludwig Leitz, anderen Feldern der Optik wie der Mikro- und Makrophotographie, Objektiven mit verschiedenen Brennweiten  oder Kinoprojektoren und Ferngläser zu, um nur einige Beispiele zu nennen. Da Ludwig mit 31 Jahren verstarb, trat Ernst Leitz II 1906 als Teilhaber ins Unternehmen ein und wurde nach dem Tode des Vaters 1920 Alleingesellschafter. Das Unternehmen beschäftigte damals 1.400 Mitarbeiter.

Der Name Leitz errang seinen Weltruf durch hervorragende Qualitätserzeugnisse der Optik. 1907 erhielt Robert Koch das 100.000ste Mikroskop als Geschenk. Den Welterfolg erreichte Leitz vor allem durch den Fotoapparat Leica, deren Erfinder Oskar Barnack, ein stiller, bescheidener Werkmeister der Firma war. Ernst Leitz hatte den Mut, in der armen Nachkriegszeit ab 1918 die kostspielige und riskante Serienfertigung der Leica aufzunehmen. 1928 erhielt Dr Eckner die 10.000ste, 1929 Sven Hedin die 25.000ste, 1937 Dr Filchner, Geophysiker und Antarktisforscher, die 250.000ste, 1946 Dr Schneider, der Erfinder des Farbfilms, die 400.000ste Leica als Geschenk.

Das Unternehmen Leitz eilte nicht nur von Welterfolg zum nächsten sondern hatte auch auf sozialem Gebiet Vorbildfunktion. Schon 1908 führte das Unternehmen den Acht-Stunden-Tag ein, lange vor der gesetzlichen Regelung. Ebenso gab es eine Ruhegeld- und Betriebskrankenkasse für Mitarbeiter.

1956 nach dem Tode von Ernst Leitz II hatte das Unternehmen 6.000 Mitarbeiter, und es übernahmen drei Söhne das väterliche Unternehmen, das Anfang der 70iger Jahre in dem Schweizer Optikunternehmen Wild überging.