Freitag, 14. Juni 2024

Was verbirgt sich hinter der Draht- und Schraubenfabrik Falkau?

Falkau wird 1658 erstmals als Holzfällersiedlung erwähnt, zählt heute ca 800 Einwohner, die sich auf drei Ortsteile verteilen: Vorder-, Mittel- und Hinterfalkau sind seit 1971 ein Ortsteil der Gemeinde Feldberg. Der Name „Falkau“ geht zurück auf den „vom Falckhauw oder Holz Schlag“. Der Ortsteil lebt heute vorwiegend vom Fremdenverkehr. Wer Falkau heute besucht, kann sich nicht vorstellen, dass im 19. Jahrhundert für 100 Jahre der gesamte Hochschwarzwald auf Falkau blickte.

In Falkau wurde im Jahr 1827 eine Werkstatt, in der bisher grobe Schmiedeketten hergestellt wurden, in eine Drahtzieherei umgewandelt und einige Jahre später durch eine Holzschraubendreherei erweitert. Die hergestellten Waren fanden bei den Uhren- und Bürstenmacher guten Absatz. Der „Drahtzug“ entwickelte sich zur „Draht- und Schraubenfabrik Falkau“ und wurde vom Handelsmann Mathä und Schuster Joseph Wehrle gegründet, nach und nach aufgebaut und erweitert. 1844 waren schon 10 Mitarbeiter beschäftigt. Die Fabrik bestand aus einem Drahtzug nebst Walzen, Drahtplattesel, Stiftenschleife, Hammerwerk und Knochenstampfe.

Trotz der zufriedenen Entwicklung, kam Joseph Wehrle in finanzielle Schwierigkeiten und verkaufte zwischen 1846/50 das Unternehmen an die Elsässer Kompanie, die ab 1845 auch Uhrenfabriken erwarb. Die von der Kompanie eingesetzten drei Brüder Benetz brachten das Unternehmen schnell wieder zur Blüte und beschäftigten schon bald zwischen 100 und 200 Mitarbeiter. Eine Umwandlung in eine Aktiengesellschaft war 1870 geboten. Auch im sozialen Bereich war das Unternehmen tätig. Zu den Werksgebäuden zählten auch ein Kost- und Wohnhaus für15 Arbeiterinnen sowie ein weiteres für 35 Arbeiter samt der Mühle. Sie bot 8 weiteren Arbeitern eine Unterkunft.

Auch der deutsch-französische Krieg 1870/71 änderte nichts an der positiven Entwicklung des Unternehmens. Mit der Zeit wirkten die ungünstigen Verkehrsverhältnisse im hohen Schwarzwald hemmend. Erst 1905 wurde mit der Bahnlinie Neustadt über Lenzkirch nach Bonndorf begonnen, die schon seit 1845 in der Planung war. Der damalige Reichstagsabgeordnete Friedrich Faller als Posthalter in Bonndorf konnte diese großzügige Planung der Weiterführung nach Schaffhausen  verhindern. Er fürchtete um sein Geschäft. Auch die Auswirkungen der Schutzpolitik von Bismarck wirkten sich negativ aus.

 

In den 80er Jahre verbesserte sich die Unternehmenslage trotz fehlendem Eisenbahnanschluss stieg die Anzahl der Beschäftigten auf 300 an. Die Draht- und Schraubenfabrik war der Lieferant der Schwarzwälder Uhrenindustrie. Mit der Zeit wurde die Draht- und Schraubenfabrik das Rückgrat der Finanzierung des Gemeindehaushaltes von Falkau. Schließlich erwirtschafte das Unternehmen bis zu 70% des Haushalts.

 

Verheerend für die Entwicklung war der Erste Weltkrieg, die anschließende Wirtschafts- und Finanzkrise der 20er Jahre sowie die schlechten Verkehrsanbindungen. 1912 fiel erst die Entscheidung, wie St Blasien an die Höllentalbahn angeschlossen werden sollte. Die Bahn wurde 1926 als Dreiseeenbahn gebaut aber nur bis Schluchsee. Obwohl die Arbeitszeit halbiert wurde, konnten nur noch knapp 100 Arbeitnehmer beschäftigt werden. Nicht nur das Unternehmen sondern auch die Gemeinde Falkau riefen bei den Behörden um Hilfe. 1930 musste der Direktor Dr Walter Tritscheller die Stilllegung des Werkes beantragen. Auch eine Zusammenarbeit mit dem Deutschen Holzschraubenverband in Düsseldorf hatte die Stilllegung nicht verhindern können. Auch die Versuche die Gebäude einer anderen Verwendung zu zuführen, schlugen fehl. Grund war vor allen die ungünstige Verkehrslage in Lenzkirch. 


Schließlich wurde 1936 mit den Abbrucharbeiten begonnen. Der Direktor Dr Tritscheller wurde in die Verbandsleitung des Deutschen Holzschraubenverbandes übernommen, die Maschinen kamen im rheinischen Industriegebiet zum Verkauf. Nur die Arbeiter mussten sich nach einer anderen Tätigkeit umsehen. Die Gemeinde Falkau sah im Fremdenverkehr die einzige Möglichkeit, die Selbstständigkeit damals zu wahren.