Freitag, 28. Juni 2024

Was verbirgt sich hinter der Bleibacher Beinhauskapelle?


In Bleibach, einem Ortsteil von Gutach im Elztal, liegt neben dem Rathaus die 1520 vom Margaretenstift Waldkirch erbaute Pfarrkirche St Georg. Durch einen Durchbruch ist die Beinhauskapelle mit ihrem berühmten Totentanz zu erreichen.

 

Seit dem 14. Jahrhundert entwickelten sich bildliche Darstellungen der Macht des Todes über das Menschenleben. Dabei wird in verschiedenen Bildern die Unbestechlichkeit des Todes gezeigt. Für den Tod sind irdische Reichtümer, Stellung und Ansehen ohne Bedeutung, er kommt zu jedem Einzelnen und holt ihn ab zum Totentanz. Der Tod als Gleichmacher, dem niemand entrinnen kann.

 

Das Beinhaus wurde 1720 durch Pfarrvikar Johann Marin Schill errichtet und 1723 darin im früher freistehenden Gewölbe ein Totentanz mit 34 Bildern in Öl auf Tannenholz gemalt. Er ist dem Walkircher Maler Johann Winter (1663-1746) zuzuschreiben. Der Totentanz lehnt sich in Gestaltung und Aussage an die Totentänze von Basel (1440) an. Er ist einer der wenigen, noch erhaltenen Totentänze Europas. Das Beinhaus diente als würdige Aufbewahrungsstätte der Gebeine, die vom Friedhof ausgegraben wurden. Es wurde 1976/77 renoviert und durch den Lebensraum aus Buntsandstein aufgewertet.

 

Der Bleibacher Totentanz ist ein ganz besonders kulturhistorisches Juwel im süddeutschen Raum. Er besteht aus 34 Bildern, einem Bild mit einer Gruppe musizierender Totengerippe und 33 Bilder des Todes mit seinen Tanzpartner. Über dem eigentlichen Tanz der Paare ist auf der Südseite eine Eingangsmusik dargestellt. Sechs Sensenmänner spielen mit merkwürdigen, makaberen Instrumenten die Weise vom Tod. Der Todestanz beginnt mit der Darstellung wie der Tod ein Kind mit einem roten Apfel zum Tanze lockt. Ihm folgen die anderen Tanzvorstellungen in der üblichen absteigenden Rangordnung: Papst, Kardinal, Bischof, Abt, Priester, folgend die weltlichen Würdenträger Kaiser, König Herzog und Edelmann. An sie reihen sich die männlichen Ämter, Stände und Berufe: Amtmann, Jurist, Doktor, reicher Mann, Bürger, Junggeselle, Soldat, Krämer, Koch, Bauer, Taglöhner, Spielmann, Blinde, und alter Mann. In kirchlicher Prozession folgen die Frauen: Jungfrau, Kaiserin, Äbtissin, Edelfrau, Bäuerin, Pilgerin und altes Weib.

 

An jedem Bild sind oben vierzeilig Verse jeweils mit der Anrede des Todes an einen Todgeweihten vermerkt. Die Totentanzgemälde und die Begleitverse wurden mehrfach - 1908, 1963 und 1977- restauriert.

Totentanz Eingangsmusik


 

Totentanz Kind, Papst, Kardinal, Bischof

 

 

Totentanz Pilgerin, altes Weib

 

 

Freitag, 21. Juni 2024

Was verbirgt sich hinter der Eisenbahnstrecke Straßburg - Ulm?


Der Eisenbahnbau im Rheintal nahm Formen an. Nach der Strecke Mannheim – Heidelberg 1840 eingeweiht, wurde 1843 Karlsruhe erreicht, es folgt Offenburg 1844. 1865 wurde mit dem Bau der Schwarzwaldbahn begonnen.

Bald wurde auch im Renchtlal erkannt, welche Vorteile der Bau einer Eisenbahnlinie dem heimischen Gewerbe bringt. 1864 wurde eine Petition der Renchtalgemeinden  an die badische Regierung eingebracht, um auf die Notwendigkeit einer Eisenbahnlinie im Renchtal hinzuweisen. Es wurde auf die Produkte der harzverarbeitenden Gewerbe im Renchtal, den zunehmenden Mineralwasserversand und Sommertourismus der Mineralbäder, die Steingutprodukte aus Oppenau und den Obst- und Weinbau der Region Oberkirch hingewiesen, die eine Eisenbahnverbindung im Tal  dringend benötigten. Außerdem sei es wichtig eine Verbindung nach Straßburg, dem Hauptabsatzplatz Renchtäler Produkte, zu haben. Aber die badische Regierung lehnte ab, da sie nur die Hauptlinien finanzieren wolle. Denn auf einen Präzedenzfall im Renchtal mochte man sich nicht einlassen, denn hier waren es nur Lokalinteressen vorhanden. Höchstens mit einer Aktiengesellschaft könnte man das Projekt unterstützen. Diese soll den Bau vornehmen und finanzieren, die Verwaltung und Betrieb der Renchtalbahn würde die Staatsbahnverwaltung, gegen Überlassen von 50 % der Einnahmen, übernehmen.

Durch den preußische-österreichischen Krieg 1866 und den deutsch-französischen Krieg 1870/71 wurde der geplante Bahnbau verzögert. Und vor allem hatte sich die wirtschaftliche und politische Situation geändert. Das Elsaß und vor allem Straßburg waren Teil des Kaiserreichs geworden. Zusätzlich kamen jetzt die Militärs mit dem Generalstabschelf, Helmut von Moltke, ins Spiel. Sie wollten aus strategischen Gründen eine Eisenbahnverbindung der beiden Festungen Straßburg und Ulm. Eine Interessengemeinschaft zwischen Militärs, Verwaltung, Honorationen, Badbesitzern und Unternehmern fanden zu einer Lobbygemeinschaft zusammen. Denn der Plan wurde weitergesponnen: Eine europäische Transversale Wien-Straßburg-Paris auf der kürzesten Linie durch das Renchtal und über den Kniebis muss her. Eine Anzahl von Geldinstituten konnten für das Projekt gewonnen werden. Sie sprachen beim Reichstag wegen einer Konzession einer Fernbahn vor.

1872 legte die Eisenbahninspektion einen Kostenvoranschlag vor. Zum Bau einer Bahn von Appenweier bis Freudenstadt waren 5.984.000 Mark Erforderlich Das Kniebismassiv sollte durch drei große und drei kleine Tunnel überwunden werden. Ein großer Kehrtunnel sollte in Griesbach gebaut werden, der zweite sollte den Durchstich der Holzwälder Höhe ergeben und ein dritter sollte die Höhe zwischen Rippoldsau und dem Forbachtal unterqueren. In der Wilden Rench und gegen Griesbach sowie vor Freudenstadt waren kleinere Tunnel geplant. Finanziers, Politiker und Ingenieure beugten sich immer wieder über das Projekt, denn jetzt sollte alleine der 2.060 m lange Kniebistunnel 6.046.000 Mark kosten. Der Börsenkrach 1873, der Zusammenbruch des Strousbergs Eisenbahnimperiums, der Hauptförderer des Projekts war, ließ das Projekt auf die lange Bank schieben und schließlich verschwand die europäische Eisenbahnanbindung des Renchtals in der Versenkung.

Übrig blieb schließlich eine Eisenbahnverbindung 1876 über Oberkirch bis Oppenau. Weitere 50 Jahre später wurde die Eisenbahn bis Bad Peterstal verlängert. Weitere 20 Jahre vergingen bis Bad Griesbach angeschlossen wurde. 1923 wurde den Renchtalbahn unterbrochen, da  französische Truppen Offenburg und Appenweier besetzten, und so der Kopfbahnhof der Renchtlbahn fehlte. Trotz aller Unkenrufe, dass die Eisenbahnstrecke still gelegt werden würde, noch heute wird die 29 km lange Strecke stündlich mit Triebwagen befahren.

Freitag, 14. Juni 2024

Was verbirgt sich hinter der Draht- und Schraubenfabrik Falkau?

Falkau wird 1658 erstmals als Holzfällersiedlung erwähnt, zählt heute ca 800 Einwohner, die sich auf drei Ortsteile verteilen: Vorder-, Mittel- und Hinterfalkau sind seit 1971 ein Ortsteil der Gemeinde Feldberg. Der Name „Falkau“ geht zurück auf den „vom Falckhauw oder Holz Schlag“. Der Ortsteil lebt heute vorwiegend vom Fremdenverkehr. Wer Falkau heute besucht, kann sich nicht vorstellen, dass im 19. Jahrhundert für 100 Jahre der gesamte Hochschwarzwald auf Falkau blickte.

In Falkau wurde im Jahr 1827 eine Werkstatt, in der bisher grobe Schmiedeketten hergestellt wurden, in eine Drahtzieherei umgewandelt und einige Jahre später durch eine Holzschraubendreherei erweitert. Die hergestellten Waren fanden bei den Uhren- und Bürstenmacher guten Absatz. Der „Drahtzug“ entwickelte sich zur „Draht- und Schraubenfabrik Falkau“ und wurde vom Handelsmann Mathä und Schuster Joseph Wehrle gegründet, nach und nach aufgebaut und erweitert. 1844 waren schon 10 Mitarbeiter beschäftigt. Die Fabrik bestand aus einem Drahtzug nebst Walzen, Drahtplattesel, Stiftenschleife, Hammerwerk und Knochenstampfe.

Trotz der zufriedenen Entwicklung, kam Joseph Wehrle in finanzielle Schwierigkeiten und verkaufte zwischen 1846/50 das Unternehmen an die Elsässer Kompanie, die ab 1845 auch Uhrenfabriken erwarb. Die von der Kompanie eingesetzten drei Brüder Benetz brachten das Unternehmen schnell wieder zur Blüte und beschäftigten schon bald zwischen 100 und 200 Mitarbeiter. Eine Umwandlung in eine Aktiengesellschaft war 1870 geboten. Auch im sozialen Bereich war das Unternehmen tätig. Zu den Werksgebäuden zählten auch ein Kost- und Wohnhaus für15 Arbeiterinnen sowie ein weiteres für 35 Arbeiter samt der Mühle. Sie bot 8 weiteren Arbeitern eine Unterkunft.

Auch der deutsch-französische Krieg 1870/71 änderte nichts an der positiven Entwicklung des Unternehmens. Mit der Zeit wirkten die ungünstigen Verkehrsverhältnisse im hohen Schwarzwald hemmend. Erst 1905 wurde mit der Bahnlinie Neustadt über Lenzkirch nach Bonndorf begonnen, die schon seit 1845 in der Planung war. Der damalige Reichstagsabgeordnete Friedrich Faller als Posthalter in Bonndorf konnte diese großzügige Planung der Weiterführung nach Schaffhausen  verhindern. Er fürchtete um sein Geschäft. Auch die Auswirkungen der Schutzpolitik von Bismarck wirkten sich negativ aus.

 

In den 80er Jahre verbesserte sich die Unternehmenslage trotz fehlendem Eisenbahnanschluss stieg die Anzahl der Beschäftigten auf 300 an. Die Draht- und Schraubenfabrik war der Lieferant der Schwarzwälder Uhrenindustrie. Mit der Zeit wurde die Draht- und Schraubenfabrik das Rückgrat der Finanzierung des Gemeindehaushaltes von Falkau. Schließlich erwirtschafte das Unternehmen bis zu 70% des Haushalts.

 

Verheerend für die Entwicklung war der Erste Weltkrieg, die anschließende Wirtschafts- und Finanzkrise der 20er Jahre sowie die schlechten Verkehrsanbindungen. 1912 fiel erst die Entscheidung, wie St Blasien an die Höllentalbahn angeschlossen werden sollte. Die Bahn wurde 1926 als Dreiseeenbahn gebaut aber nur bis Schluchsee. Obwohl die Arbeitszeit halbiert wurde, konnten nur noch knapp 100 Arbeitnehmer beschäftigt werden. Nicht nur das Unternehmen sondern auch die Gemeinde Falkau riefen bei den Behörden um Hilfe. 1930 musste der Direktor Dr Walter Tritscheller die Stilllegung des Werkes beantragen. Auch eine Zusammenarbeit mit dem Deutschen Holzschraubenverband in Düsseldorf hatte die Stilllegung nicht verhindern können. Auch die Versuche die Gebäude einer anderen Verwendung zu zuführen, schlugen fehl. Grund war vor allen die ungünstige Verkehrslage in Lenzkirch. 


Schließlich wurde 1936 mit den Abbrucharbeiten begonnen. Der Direktor Dr Tritscheller wurde in die Verbandsleitung des Deutschen Holzschraubenverbandes übernommen, die Maschinen kamen im rheinischen Industriegebiet zum Verkauf. Nur die Arbeiter mussten sich nach einer anderen Tätigkeit umsehen. Die Gemeinde Falkau sah im Fremdenverkehr die einzige Möglichkeit, die Selbstständigkeit damals zu wahren.


Freitag, 7. Juni 2024

Was verbirgt sich hinter dem Ingenieur Robert Gerwig?

Gerwig Denkmal Triberg

Robert Gerwig (1820-1895) wurde am 2.Mai als Sohn des großherzoglichen Ministerialrevisors in Karlsruhe geboren. 1834 kam er auf die junge Polytechnische Schule, der heutigen TH Fridericiana in Karlsruhe, und schloss 1841 mit ausgezeichneter Beurteilung ab.

 

Im Bereich der Oberdirektion beteiligte er sich an Flusskorrektionen, Fassung der Heilquellen von Baden-Baden und Badenweiler oder der Wasserversorgung von Karlsruhe und Radolfzell. Auf Grund seiner Universalausbildung wurde er zum Direktor der Uhrmacherschule als noch nicht 30Jähriger ernannt. Auf ihn geht die Entwicklung der Bahnhäusleuhr der späteren Kuckucksuhr zurück.

 

Mit dem Aufblühen der verschiedenen Industriezweige wie Uhren- und Metallindustrie, der Strohflechterei im Schwarzwald wuchs die Notwendigkeit der Verbesserung und Anlage neuer Straßen. So ging auf seine Arbeit der Bau der engen Albtalstraße von St Blasien nach Albruck zurück. Ebenso die Hauensteiner Murgtalstraße von Todtmoos nach Murg, die Dreiseeenstraße von Neustadt über Titisee und Aha zum Schluchsee sowie die Straßen von Vöhrenbach nach Villingen, von Neustadt nach Hammereisenbach und von Furtwangen nach Schönwald. Neu projektiert wurde von ihm auch die Strecke vom Simonswäldertal über Gütenbach nach Furtwangen, um die berüchtigte Kilpensteige zu umgehen, denn dort mussten bis zu 14 Vorspannpferde eingesetzt werden.

 

1856 übernahm er die Fertigstellung der Hochrheinbahn von Waldshut nach Konstanz. Sein Lebenswerk war jedoch von 1863 - 1873 die 150 km lange Schwarzwaldbahn. Sie überwindet 650 Höhenmeter und durchläuft 39 Tunnels. Die Steigung konnte durch seine Trassenführung unter 20 Promille gehalten werden und enthält damit keine Steilstrecke. Die zweigleisige Gebirgsbahn wurde zur wichtigsten Schwarzwaldverbindung. Die Besonderheiten sind die zwei Verkehrsschleifen bei Niederwasser und bei Triberg.

 

1871 schlug er ein lukratives finanzielles Angebot als Oberingenieur der Bötzberg-Bahn bei Basel aus. Das brachte ihm zwar eine 50ige Gehaltserhöhung und die Beförderung zum Baudirektor ein. 1872 bekam er das Angebot als Oberingenieur zum Bau der Gotthard-Bahn. Seine Kündigung wurde akzeptiert mit der Zusicherung nach Beendigung des Projektes in den Staatsdienst zurück zu kehren. Mit 249 Ingenieuren machte er sich ans Werk. Allerdings kündigte er 1875 nach Meinungsverschiedenheiten vorzeitig seine Stelle.

 

Auf Grund seiner überaus großen Popularität wurde er 1855 als Abgeordneter Triberg-Wolfach in die zweite Kammer der Landstände gewählt. 1863 bis 1871 wurde er ebenso in den Landtag gewählt. Von 1875 bis 1878 war er für Pforzheim in die Zweite Kammer der Landstände gewählt und 1881 in den Reichstag.

 

Seine letzten Eisenbahnprojekte waren die Verlängerung der Schwarzwaldbahn  in Richtung Wolfach und Schiltach Sein letztes größeres Projekt war der Bau der Höllentalbahn von Freiburg nach Neustadt mit dem Ravenna-Viadukt. Die Vollendung 1887 erlebte er nicht mehr, da er 1885 unerwartet an einem Hirnschlag starb.

Bau der Schwarzwaldbahn