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Bad Boll 1889 |
Bad Boll, ein kleines Schwarzwaldbad, am Rande der Wutachschlucht war der Geheimtipp für Angler aus ganz Europa. Nicht nur die Mineralwasser führende Badquelle, die landschaftliche Schönheit des Tals sondern der Fischreichtum der Wutach lockte die Urlauber. Um 1900 war die Wasserqualität der Wutach so gut, dass 1894 eine Gruppe reicher Engländer das Badhotel kauften. Der exklusive „Bad Boll Fishing Club“ pachtete auf einer Länge von 80 Kilometer die Angelrechte auf der Wutach. Der Reichtum an Forellen und Lachse machten die Wutach zum besten Forellengewässer Europas. Allein der exklusive englische Fiching Club garantierte 12.000 Übernachtungen pro Jahr.
Doch ab 1905 1884
kamen die Gebrüder Sutter nach Neustadt, da sie eine Fabrik zur Zellulose
betreiben wollten. Dies kam den Stadträten sehr gelegen, da vor der Stadt die Heinrich
Ganterschen Kunstmühle große Zahlungsschwierigkeiten hatte. 1887 begann die
Brüder die Kunstmühle für ihre Bedürfnisse umzubauen. 1894/96 kam zur
Zellulosefabrik eine Papierfabrik als Ergänzung hinzu.
Das Geschäft
florierte und expandierte, denn die Rahmenbedingungen stimmten: Zellulose- und
Papierfabrik standen beieinander, das Werk war mit der Höllentalbahn verbunden
und genügend Strom kam vom Kraftwerk Laufen. 1897 wurde die Gesellschaft in
eine Aktiengesellschaft umgewandelt. 1938 übernahm der Fürst zu Fürstenberg die
Papierfabrik.
Die Folge des
ungebremsten Wachstums waren die Abwässer, die ungeklärt in die Wutach
eingeleitet wurden. Es kam was kommen musste, ab 1905 führte die Verschmutzung
des Wassers der Wutach erst langsam und dann immer schneller zu einem raschen
Rückgang des reichen Fischbestandes. Natürlich blieben nach und nach die
Fischer weg. 1912 zog sich auch der Fishing Club Ltd wieder aus dem früheren
Anglerparadies Bad Boll zurück. Die Forellen und Lachse waren mit der Zeit
gänzlich verschwunden. 1939 wurde die Wutachschlucht als Ausgleich für den Bau
des Schluchseewerks unter Naturschutz gestellt. Aber das Fischsterben ging
trotz Naturschutz munter weiter.
Anfang der 70er
Jahre trat der Natur- und Umweltschutz auf breiter Front ins Bewusstsein der
Menschen ein. Naturschutzverbände wurden plötzlich politisch aktiv, der „BUND“
entwickelte Regionalverbände, denn so konnte es nicht weiter gehen. Bäche und
Flüsse haben sich zu stinkenden Kloaken degeneriert, Asbest Gefahren wurden
verharmlost oder Schweizer Atommüll wurde im Meer versenkt. So verteilte die
Freiburger Aktion Umweltschutz 1972 bei den Donaueschinger Musiktagen
Infoblätter über die Kloake Wutach und forderten endlich die längst überfällige
Abwasserreinigung. Sponsor der Musiktage war der Fürst zu Fürstenberg, der auch
der Besitzer der Papierfabrik Neustadt war.
Nach langen
Streit, Aktionen, wirtschaftlichen Verwerfungen und Eigentümerwechsel wurde
endlich eine Kläranlage gebaut. Die alte Papierfabrik war aber nicht erfolgreich
geführt und ging 1989 in Konkurs. 1990 übernahm endlich die Firma „Schoeller
Technocell“, ein Unternehmen der „Felix Schoeller Group“ Osnabrück, die
Papierfabrik, investierten 105 Mio € im Laufe der Jahre in die
Gewässerreinhaltung. Trotz all dieser Maßnahmen sind extreme
Wasserverschmutzungen durch Störfälle doch noch möglich. So 1982 durch
auslaufendes Kunstharz in der Papierfabrik, das 95% des Fischbestands zerstörte
oder 1993 hat einer Fehler in der Galvanikanlage zu einem verheerenden
Fischsterben geführt. Die Firma „Schoeller Technoel“ Neustadt beschäftigt 112
Mitarbeiter und produziert 30.000 t Spezialpapier.
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