Samstag, 1. April 2023

Was verbirgt sich hinter Schutt und Asche in Todtnau?


Um das Jahr 600 ließ sich ein Landsiedel namens Totto an der Gabelung der Wiese und des Schönenbachs mit seiner Sippe nieder. Die Nachbarn nannten es „Tötrnouua“, das heisst „Au des Totto“. 1114 kam das spätere Todtnau schenkungsweise an das Kloster St Blasien. Der Ertrag der Silbergruben kamen ihm sehr zustatten.

Todtnau wuchs und gedieh: Der Bergbau, das Spinn- und Webgewerbe, die Bürstenindustrie trugen dazu bei, dass Todtnau sich in dieser unwirtlichen, kargen Gegend unterhalb des Feldbergmassivs entwickeln konnte. Mitten in saftigen Wiesen, am Zusammenfluss des Schönenbachs und Wiese lag Todtnau um 1850 mit 1.300 Seelen und 141 aus Holz mit Schindeln gedeckten Häusern.

Im Juli 1876 brannte die Sonne auf die Schindeldächer, und ein scharfer Südwestwind lauerte außen im Tal. Da brach um die Mittagsstunde im oberen Dachraum der Emil Zieglerischen Papierfabrik vermutlich durch ein schadhaftes Kamin ein Feuer aus. Die Arbeiter waren in der Mittagspause im Garten und bemerkten den Brand zu spät. Das Fabrikgebäude war extra 400 m von der Innenstadt auf die grüne Wiese wegen der Feuersgefahr gebaut worden. Mit Hilfe der Todtnauer Feuerwehr versuchte man den fortgeschrittenen Brand unter Kontrolle zu bringen.

Aber der aufkommende unselige Südwestwind wirbelte brennende Lumpenfetzen und Papierschnitzel hoch, trug sie weiter und ließ sie in einem wahren Funkenregen auf die sonnendurchglühten Dächer niederfallen, die sofort lichterloh brannten. Rasend schnell verbreitet sich die Feuersbrunft über die Häuser, das kaum fertiggestellte Spital, das Rathaus, die Post und Apotheke, die Kirche mit 4 Glocken und Pfarrhaus mit unbarmherziger Rücksichtslosigkeit. Die Leute, welche dem Fabrikbrand zur Hilfe gerannt waren, mussten beim Zurückkommen zusehen, wie ihre eigenen Häuser in Flammen standen. Alles was vor den Flammen ins Freie gerettet werden konnte, verbrannte in der unausstehlichen Hitze. Nur das Vieh stand geschützt aber unruhig auf der Weide.

Der Feuersbrunst konnte nichts entgegengehalten werden. Erst am Nachmittag trafen aus dem ganzen Amtsbezirk die Feuerwehren mit ihren Löschmannschaften ein. Die Pumpen der Wehren von Menzenschwand, Bernau, Schopfheim, Fahrnau, Lörrach und St Blasien wurden langsam der Feuerwalze Herr. Am nächsten Morgen wurde das Ausmaß des Grauens aus den rauchenden Trümmerhaufen sichtbar. Der gesamte Stadtkern und das Oberdorf waren verloren, ein Trümmerfeld. Nur wenige Häuser im Hinterdorf und am Rande wurden verschont. 973 Bewohner waren obdach- und mittellos.

Noch in der Nacht setzte die Hilfe in dieser schrecklichen Not ein. Wer noch was hatte, teilte Essen, Kleider und Bettzeug. Hilfe und Unterkommen gab es in den Nachbarorten. Aus dem gesamten Großherzogtum, vom Militär kamen Hilfe, Geld und Sachspenden, so dass das erhaltene Schulhaus die Spenden kaum fassen konnten. Die geliehenen Marktbuden von Freiburg dienten als Unterkunft. Aus Basel, ja selbst aus Norddeutschland, Holland und England kamen Kleider, Geld und Lebensmittel.

Bald blühte neues Leben aus den Ruinen, 1877 wurde ein neuer Stadtplan für den Aufbau von Todtnau festgelegt. Eine Bauordnung legte fest, dass die Häuser durchgehend aus Stein ausgeführt und mit Ziegel oder Schiefer gedeckt sein müssen. Die Bauaufwendungen betrugen 1,5 Mio Mark, die Brandversicherung betrug aber nur 600.000 Mark. Für die Differenz übernahm die Gemeinde eine Hypothek und verpfändete einen Teil des Waldes. 1879 war alles soweit wieder aufgebaut, nur die Kirche erinnert in ihrem neuen dominierenden Platz an das unsägliche Unglück.

Todtnau 1875




Todtnau Ende 1876