Freitag, 20. Januar 2023

Was verbirgt sich hinter der Orgelbauerdynastie Bruder in Waldkirch?

 

Ignatz Bruder1780-1845

Ignaz Blasius Bruder (1780-1845), der Urahn der Orgelbauer, kam in Zell a.H. als Sohn armer Eltern zur Welt. Wie sein Vater sollte er Maurer werden. Gerne hätte der sensible Junge ein Kunsthandwerk gelernt, aber dafür fehlte einfach das Geld. In der Lehrzeit lernte er ein wenig Zeichnen. Immer wenn eine Kirchenorgel repariert oder eingebaut wurde, war er zur Stelle und brachte sich selber die Spieluhrmacherei bei.

 

1804 ließ sich  der Autodiktat als Spieluhrenmacher in Alt-Simonswald nieder und verkaufte 1806 die erste funktionsfähige Orgel ohne Uhrwerk. Noch heute steht eine 1822 gebaute Flötenspieluhr von Bruder in einem Basler Museum.  Dem erfolgreichen Spieluhrenmacher wurden 15 Kinder geschenkt, wovon die zwei Ältesten Andreas (1807-1859) und Xaver (1808-1888) schon als fertige Spieluhrenmacher den Umzug 1834 nach Waldkirch mitmachten. Mit der Zeit kamen noch drei weitere Söhne: Wilhelm (1819-1882), Carl (1823-?) und Ignaz (1825-1891)  als Spieluhrenmacher zu ihm in die Lehre. Als der Vater als wohlhabender Mann starb, hatten die 5 Söhne jeder seine eigene Werkstatt und trotzdem pflegten sie immer in der Not die Zusammenarbeit.

 

Andreas Bruder (1807-1845), der älteste der Brüder, war ein erfolgreicher Spieluhrenmacher, der seine Orgelwerkstätte an seinen Sohn Franz Josef (1830-1881) weitergab. Dessen ältester Sohn Richard (1862-1912) übernahm das elterliche Geschäft und betätigte sich vorwiegend im Wirts- und Schaustellergewerbe. 1922 konnte der Sohn Alfred (1889-1937) als 4. Generation das elterliche Anwesen übernehmen und baute Orgeln mittlerer Größe.

 

Xaver (1808-1881), ein erfolgreicher Orgelbauer und Nr 2 der Brüder, hatte das Pech, dass seine Kinder keines das Erwachsenenalter erreichte. Deswegen zog er sich im Alter vom Orgelbau zurück, betätigte sich als Stadtrat in Waldkirch und überließ ein Großteil seines Vermögens dem Armenfond. Carl (1832-?) Nr 4 zog es, als er verheiratet war, blad nach Moskau und betätigte sich am Zarenhof als Hofuhrenaufzieher. Ignatz  II (1825-1891) versuchte sein Glück auch in Moskau, kam aber wegen seiner kränklichen Frau 1860 zurück.

 

Der Sohn von Andreas Bruder Franz Sales gründete 1864 mit seinen Onkels Wilhelm (1819-1882 –dritter Sohn der Spieluhrmacher) und Ignatz II (1860-1891 –der fünfte Spieluhrmacher der ursprünglichen Brüder) das Orgelbauunternehmen „Gebrüder Bruder“, kauften Grundstücke und bauten erfolgreich Orchestrien. Franz Sales erhielt vom Großherzog, der öfters in Waldkirch zu Besuch war, als Senior der Orgelbauer das Ritterkreuz des Zähringer Löwenordens. Die „Gebrüder Bruder“ nahm als Gesellschafter jeweils nur den jüngsten Sohn als  Teilhaber laut Gesellschaftsvertrag auf. Trotz aller Erfolge im Laufe der Jahre vermerkte das Handelsregister 1937 nach drei Generationen das Aus der Gesellschaft.

 

Die restlichen beiden Söhne von Wilhelm, die keinen Platz in der Gesellschaft „Gebrüder Bruder“ hatten, gründeten zu zweit 1868 die „Wilhelm Bruder Söhne“. Auch hier führten drei Generationen das Unternehmen bis 1941. Ein Großbrand durch Brandstiftung hervorgerufen vernichtete das große Holzvorratslager. Vor diesem schweren Schlag erholte sich das Unternehmen nicht völlig. Die beiden Söhne von Ignaz Bruder, die keinen Platz in den anderen Gesellschaften gefunden hatten, gründeten die Gesellschaft „Ignatz Bruder Söhne“. Diese Gesellschaft war aber schon in der gleichen Generation 1918 zu Ende.

 

Die verschiedenen Generationen der Familie Bruder vollzogen den Weg von der Uhr mit Musikwerk, zur Drehorgel, Vögelorgeln mit Walzen oder Pfeifen, Musikorgeln mit Figuren zu Orchestrien für Kaffeehäuser und Tanzpaläste und schließlich diese mit Pneumatik, mit lebensgroßen Figuren als Roboterkapellen. Das Ende der verschiedenen Brudergesellschaften wurde durch die Uneinigkeit der Gesellschafter begünstigt. Alle internen und externen Bemühungen zur Fusion der verschiedenen Gesellschaften, um Kräfte zu bündeln, waren vergebens.
Drehorgel 12 Melodien Bruder Waldkirch 1860