Samstag, 20. März 2021

Was verbirgt sich hinter Bad Boll?

 

Bad Boll 1899

Gemeint ist nicht das heute bekannte BadBoll im Kreis Göppingen sondern das ehemalige Bad Boll, das nördlich von Boll, einem Ortsteil von Bonndorf, in der Wutachschlucht lag – genau 8,5 km von der Schattenmühle Wutach abwärts auf der rechten Seite beim Einfluss des Boller Dorfbaches.

 

Eine erste urkundliche Erwähnung des Gebietes erfolgte 1467, bei der ein Badhäuschen als zur nahe gelegenen Burg Tannegg zugehörig erwähnt wird. Auch ein Badhof nahe der heute noch vorhandenen Quelle  wird erwähnt. 1614 kam das Gebiet durch Kauf zum Kloster St Blasien, das es zu einem befreiten Gute machte, d. h. das Lehen wurde jeweils nur auf Lebenszeit vergeben. Mit der Säkularisierung kam der Badhof 1806 an das Großherzogtum Baden und wurde 1818 durch Kauf von Josef Kramer erworben. Sein Sohn Anton ließ 1839 die alte Heilquelle neu fassen. Im Universal Lexikon des Großherzogtums war „die Heilquelle seit hundert Jahren gegen Hautausschläge und Krätze gebraucht worden“. 1855 erfolgte dann die Erweiterung des bisherigen landwirtschaftlichen Anwesens zu einer Gaststätte, einer Badeanstalt und eines Kurhauses.

 

Die Quelle beim Badhof ließ Anton Kramer mehrfach auch 1852 untersuchen. Dabei wurde die Quelle als kaltes Schwefelwasser katalogisiert. Der Amtschirurg Eisele aus Bonndorf bestätigte, dass die Quelle bei folgenden Krankheitsformen zu empfehlen sei: Rheumatismen, Gicht, chronische Hautausschläge, Geschwüre, Brustkrankheiten, Unterleibskrankheiten, Neuralgien und Lähmungen, Nervenkrankheiten und Krankheiten der Schleimhäuten. Das Wasser sei zur Bad- und Trinkkur zu verwenden. 1873 tauchte Bad Boll vermehrt in den Reiseführer auf.

 

Die eigentliche Blütezeit von Bad Boll begann 1887 mit Carl Schuster, der die gesamt Liegenschaft renovieren und das Kurhaus für 100 Gäste erweitern ließ. Weitere Gästezimmer wurden gebaut. Eine neue Turbine ermöglichte die Elektrifizierung von Bad Boll. Die Außenanlagen wurden hergerichtet, so dass das Flanieren der Kurgäste bis hin zur Gondelfahrt auf einem großen See möglich war.

 

Nach dem Tode Carl Schuster wurde Bad Boll 1894 an den „Fishing Club Limited London“ verkauft. Zu jener Zeit galt die Wutach als Europas bestes Fischwasser für Lachs und Forelle. Alleine in Bad Boll übernachteten 12.000 Gäste im Jahr. Diese kamen aus England, USA, Italien, Schweiz und Russland. Leider zog sich 1912 der Fishing Club zurück wegen der zunehmenden Abwässer Verschmutzung der Wutach durch die Neustädter Papierfabrik und verkaufte die Liegenschaft.

 

Erster Weltkrieg, wirtschaftliche Depression der 20er Jahre ließ die Liegenschaft durch mehrere Hände von Krankenkassen gehen. Am Schluss requirierte 1945 die französischen Streitkräfte Bad Boll. Danach schien eine Wiedereröffnung aber nicht mehr ratsam. Erst 1960 wurde erneut ein Versuch gestartet,  eine Privatklinik und danach 1972 ein Therapiezentrum zu starten. 1975 brannte das Kurhaus ab, das 1981 abgetragen wurde. 1990 machte das Land Baden-Württemberg dem Spuk ein Ende, erwarb die restliche Liegenschaft und ließ alles 1992/93 bis auf die Badkapelle abreißen. Diese wird seit 2017 nach und nach versucht zu erhalten und zu renovieren. Zu allem Übel verschüttet ein großer Bergrutsch im gleichen Jahr die Zufahrtsstraße.

 

Im Oktober 1977 suchte das Bundeskriminalamt das Gelände von Bad Boll nach den Terroristen Klar, Schulz und Folkerts vergeblich ab, da diese aus Südbaden stammten und die Gegend für einen möglichen Unterschlupf kannten.

 

Kapelle Bad Boll