Freitag, 19. Juli 2019

Was verbirgt sich hinter der Hinterglasmalerei?


Heilige Notburga

Die Hinterglasmalerei kam über die Glasträger, die aus Böhmen und den Alpenländer sowie Bayern die Hinterglasbilder zurückbrachten. Etwa um 1770 bis 1890 war die Blütezeit der Hinterglasmalerei. Bedeutende Orte waren: Neukirch, St Märgen, Breitnau, Höllsteig, Bernau, Neustadt, Todtmoos und vor allem Rötenbach. In der Nähe waren bekannte Wallfahrtsorte wie Triberg, St Märgen, St Peter, Todtmoos und St Blasien.



Auch bei der Hinterglasmalerei war es eine Familie, die die Hinterglasmalerei wesentlich beeinflusste und dominierte: Lorenz Winterhalter aus Rötenbach, der als Uhrenschildermaler tätig war und vermutlich in Böhmen als Glasträger mit der Hinterglasmalerei in Berührung kam.



Bei der Hinterglasmalerei wird die Farbe nicht eingebrannt sondern Öl-, Tempera- oder Wasserfarben verwendet. Das Trägermaterial bildet Tafelglas oder zuvor mundgeblasenen Zylinder, die aufgeschnitten und plattgewalzt wurden. Gemalt wurde wie bei Ölbildern nur in umgekehrter Reihenfolge, da das fertige Bild von der dem Maler abgewandten Seite betrachtet wird. Konturen und Schatten wurden zuerst gemalt. Um die Menge der zu malenden Bilder wurde entweder schon seitenverkehrte Bilder mit Spiegelschrift auf Papier als Vorlage genommen. Oder ungeübtere Maler übernahmen Hintergrund und Schatten, während der Meister nur die Feinheiten wie Gesicht malte.



Als Abkömmling einer kinderreichen Bauernfamilie bekam durch das Anerbenrecht nicht Lorenz Winterhalter sondern der jüngste Bruder den elterlichen Hof. Zuerst als Glasträger einer Handelskompanie, später als Uhrenschildermaler wurde er zum Hinterglasmaler. Vier seiner Kinder gingen bei ihm in die Lehre und wurden selbst bedeutender Glasmaler. So etwa Johannes, der 1808 nach St Petersburg wanderte und dort als Porträtist am Zarenhof tätig war. Sein ältester Sohn wiederum verlegte die Werkstatt von Rötenbach um 1823 nach Colmar, um die Importzölle zu umgehen. Von seinen neun Kindern wurden wiederum vier Hinterglasmaler. Einer von Ihnen, Ferdinand, übernahm später in Lambach Niederbayern eine Glashütte und lieferte seinem älteren Bruder Benedikt das notwendige Flachglas für die Werkstatt in Rötenbach.



Aber auch wenig bekanntere Familien brachten bedeutende Glasmaler hervor. So die Steiers in St Märgen, die Mayers in Waldau, die Fallers in Seppenhofen bei Löffingen.



Die Uhrenträger- und Glasträgerkompanien nahmen Hinterglasbilder in ihr Sortiment auf. Hausierer belieferten in der näheren Umgebung die Wallfahrtsorte. Selbst nach Nordamerika wurden die Hinterglasbilder über die ausgewanderten Familienmitglieder geliefert. Den Handelsweg nach Osten verhinderten die bayerischen Produktionen.



Marienbilder waren die bevorzugten Motive der bäuerlichen Bevölkerung. In die Bibelecken bei den Protestanten und den Herrgottswinkel der Katholiken hingen die Hinterglasbilder. Ebenso als Mitbringsel von den Wallfahrtsorten waren sie beliebt. Die Gottesmutter mit dem Jesuskind wurde der Tochter mit auf den Weg zur Hochzeit mitgegeben, um für reichlich Kindersegen zu bitten. Aber auch die ganzen Schutzpatrone, wie Florian oder Agathe, und Namenspatronen durften nicht vergessen werden. Bei den Städtern waren die Porträts politischer Größen gefragt wie Napoleon, Andreas Hofer oder Friedrich Hecker. Aber auch Blumenbilder waren von Bürgersfrauen gefragt.



Nach 1870 fand die Hinterglasmalerei ein rasches Ende, als die Techniken der Fotografie preiswerte Reproduktionsmöglichkeiten boten.

Abendmahl