Die Tage werden kürzer, früh bricht die
Nacht herein. Die Zeit des Spinnens ist gekommen. Das Spinnen ist uns aus
vielen Erzählungen und Überlieferungen bekannt.
Die Geschichte des Spinnens lässt sich
bis zu den Römern und den Phönizier zurückverfolgen. Schon die Ägypter kannten
eine feingewebte Leinenbinde, mit der die Mumien umwickelt wurden.
Im Spätsommer zeigen die Felder mit ihren
hellblauen Blüten, dass der Flachs in seiner Reife steht. Die trockenen
Flachsstengel werden ins Wasserbad gelegt. Die Rinde wird mit der Zeit faulig, um dann
getrocknet zu werden. Durch das Brechen der Stängel in der Brache werden die
Fasern frei. Diese werden aber noch in der Hechel, einem Art Nagelbrett, von den letzten
harten Stängelresten gesäubert. So werden die Flachsfasern gewonnen, die
nun noch gebleicht werden müssen. Die Flachsfasern werden auf einem Rocken,
einem Holzstab, gewickelt und mit einem roten Band festgehalten.
Die Kunst des Spinnens besteht darin,
die Fasern vom Rocken so gleichmäßig abzuziehen, dass ein feiner Faden
entsteht. Je dünner und gleichmäßiger er ist, desto schöner wird später das
Leinen sein. Die Arbeit der Spinnstuben war auf den Höfen des Schwarzwaldes mit
der früh einsetzenden Dunkelheit ab Oktober üblich. Die Bäuerinnen und die
Mägde saßen mit brennenden Lichtspan bei der Arbeit, um den Flachs zu Leinen
zu spinnen. Die Spinnräder surrten. Nach und nach gesellten sich auch männliche
Gäste am Kachelofen ein und beteiligten
sich an diesem geselligen Zusammensein.
Für die Landjugend war es oftmals die
schönste Zeit des Jahres. Die schwere Tagesarbeit war getan. Da es damals noch
keine Tageszeitungen gab, unterhielt man sich mit den Tagesneuigkeiten. Die
Männer unterhielten sich über den Viehbestand, die Frauen über den Haushalt. Sie
hechelten die Nachbarschaft durch, die Mädchen flüsterten über ihre
Herzensangelegenheiten miteinander.
Die Spinnstuben wurden zum Inbegriff der
Geselligkeit. Sie ersetzten Buch, Zeitungen oder gar das Telefon. Den
Spinnstuben haben wir es mit zu verdanken, dass so viele Volkslieder, Märchen
und Sagen erhalten blieben.
Rückte der Uhrzeiger gegen zehn, war es
Zeit für einen Gastkaffee und Kuchen. Da auch das Kirschwasser und der Most
nicht fehlen durften, arteten mancher Abend bis weit nach Mitternacht aus.
Dabei versuchten die Dorfburschen durch allerhand Ungereimtes und
Gruselgeschichten sich als nächtlicher Heimbegleiter der Spinnerinnen
unentbehrlich zu machen.
Abend in der bäuerlichen Spinnstube |