Wahrscheinlich wurde Jakob Reinhardt
–später Hannikel genannt- in Hessen in einem Zigeunerwagen geboren. Als
Vierjähriger kam er nach Lahr, da seine Mutter die Anstellung einer Gänsehirtin
von der Stadt Lahr erhalten hatte. Jakob konnte sich so als Schweinehirt
verdingen. Seine kriminelle Laufbahn war ihm in die Wiege gelegt, da zahlreiche
seiner Vorfahren am Rad oder Galgen geendet haben. Insofern waren für ihn
Schwüre und Flüche, Lügen und Betrügereien, Pläne zu Diebstahl und Mord schnell
das Allerlei des Lebens. Allerdings war dies auch in der Mitte des 18.
Jahrhunderts gar nicht anders möglich, da die Zigeunersippen praktisch
vogelfrei waren.
Sehr schnell schlossen sich Mutter und
Sohn einer der zahlreichen bis zu 300 Mann starken Banden an, die den gesamten
süddeutschen Raum unsicher machten. Das Verhalten war zigeunerisch, denn sie
gingen dem Müßiggang und der Wollust nach. Sie stahlen und tyrannisierten
mitunter wo sie konnten, betrogen die Leute mit Wahrsagereinen, dass ihnen die
Augen übergingen. Die Räuberbanden, darunter Frauen und Männer mehreren
Generationen, konnten gut und gerne in einem württembergischen Schwarzwalddorf
fette Beute machen und sich über die badische Grenze absetzen. Die zersplitterten
Kleinstaaten in Südwestdeutschland kamen ihnen da sehr zustatten. Die weiten
Wälder des Nordschwarzwaldes boten ebenfalls sicheren Unterschlupf. Im Frühjahr
gingen sie „auf den Strich“, im Winter dagegen zogen sie sich in entlegene
Schwarzwaldtäler zurück, wo sie von den armen Bauern Unterkunft und warme
Mahlzeiten erpressten. Sie bedienten sich mit Speck und Fleisch aus den
Räucherkammern. Wer seine Ersparnisse
und Wertsachen nicht sofort herausrückte wurde gequält, gefoltert oder gar
ermordet.
Hannikel ließ seine Spießgesellen
teilweise als marodierende französische Soldaten auftreten und hielt so ganze
Dörfer in Schach. Bevorzugte Opfer waren übrigens aber die Juden. Schuldbewusstsein
gegenüber dieser ebenfalls am Rande der Gesellschaft stehenden Menschen, hatte
er nie. Nicht im Traum dachten die Räuber daran, mit den Armen zu teilen. Die
schweren Jungs verjubelten ihren Beuteanteil oftmals mit leichten Mädchen, die
reichlich in den Hehlerquatieren ebenfalls lebten.
Um sich unbelauscht verständigen zu können,
benutzten diese Räuber schon damals entweder spezielle Zeichen wie Zinken oder
oft sogar eine eigene Sprache, das Rotwelsche. Der erste Erfolg gelang den
Behörden durch den Konstanzer Hans, der selber Räuberhauptmann war. Im
Gefängnis hatte er eine Art Wörterbuch geschrieben und wurde dafür begnadigt.
Nach wiederholten Überfällen in der
Gegend, gelang es die Räuberbraut des Hannikel und damit auch ihn dingfest zu
machen. Am 17. Juli 1787 wurde er in Sulz durch den Strang am Galgen gehängt.
Die restlichen Bandenmitglieder darunter Hannikels Sohn und Bruder wurden
lebenslänglich eingesperrt.
Neben Furcht und Abscheu entwickelte
sich in Folge eine Romantik, die das Räuberleben als Freiheitsideal zu preisen
wusste. So entstand das Hannikel-Lied als dramatische Ballade. Nach dieser
Vorlage entstand Schillers Drama „Die Räuber“.
Jakob Reinhardt |