Freitag, 2. Oktober 2020

Was verbirgt sich hinter dem Lindau-Stausee im Hotzenwald?

 

Lindau-Stausee

Die Schluchseewerk AG wurde 1928 gegründet und die Schluchseegruppe war 1951 mit dem Kraftwerk Waldshut komplett. 1976 wurde die Hotzenwaldgruppe mit dem Kawernenkraftwerk Bad Säckingen und dem Kawernenkraftwerk Wehr sowie dem Wehra- und Hornbergbecken ebenfalls abgeschlossen. Zusammen erbringen die fünf Pumpspeicherkraftwerke eine Leistung von 1836 MW Strom. Soweit der heutige Ausbaustand der Schluchseewerk AG.

 

Die Planungen und auch die Genehmigungen 1962 gingen aber sehr viel weiter: Südlich von Todtmoos an der K 6528 ab dem Gehöft Lindau zur Gemeinde Ibach gehörend sollte ein Stausee entstehen, der 60 % des Volumens vom Schluchsee haben sollte. 3,4 km lang, bis 1,8 km breit und 64 Mio m³ sollte der künstliche See umfassen. Zum benachbarten Ibach-Tal hin sollte ein 16 m hoher Abschlussdamm errichtet werden. Überflutet werden sollte 300 ha Wald, das Siberbrunnen-, Geishalter-, Turben- und Teile des Brunnenmättlemoors. Ebenfalls würde die bekannte und größte Gletschermühle ihrer Art und der Krai-Woog-Gumpen am südlichsten Teil des Stausees überflutet werden, nämlich dort wo 85 m hohe Staumauer hinkommen sollte.

 

Der Stausee sollte mit einem 8 km langen unterirdischen Stollen und dem geplanten Pumpspeicherkraftwerk Mühlgraben  im Mühlgrabenbach-Tal verbunden werden. Er ist ein östlicher Zufluss des Wehrabeckens. Und von dort sollte das Kraftwerk mit einem 7 km langen Stollen und dem bestehenden Eggerbecken im südlichen Hotzenwald verbunden werden. Um das Wasser über die große Entfernung und Gefälle pumpen zu können, wäre nach den Plänen der Schluchseewerk AG der Strom des Atomkraftwerkes Wyhl beim Kaiserstuhl, hier insbesondere der Nachtstrom, notwendig. Dies wurde 1973 genehmigt und mit dem ersten Block 1977 begonnen. Deshalb besteht hier ein direkter Zusammenhang zwischen dem Atomkraftwerk- welches auch nachts auf der gleichen Leistungshöhe fahren muss – und dem Lindau-Stausee.

 

Seitens der Schluchseewerk AG wurden sich sogar Gedanken gemacht, wie man das Naturdenkmal der Gletschermühle der Nachwelt erhalten werden kann. Dies könnte sich nach deren Ansicht durch Herausnehmen der Gletschermühle aus dem jetzigen Standort und das Aufstellung an einem anderen Ort als Naturdenkmal geschehen. Der Stausee sollte aber in jedem Falle gebaut werden.

 

Was sich niemand vorstellen konnte, war der enorme Widerstand der Bevölkerung, die plötzlich auftretende Anti-Atomkraft-Bewegung und die Klagen aller möglichen Institutionen. 1977 verhängte das Verwaltungsgericht einen Baustopp. Ministerpräsident Filbinger meinte noch 1975, ohne Kernkraftwerk Wyhl würden „die Lichter in Baden-Württemberg ausgehen“. Des Streitens müde erklärte der damalige Ministerpräsident 1983, vor 1993 würde das Kernkraftwerk nicht gebraucht. Damit war der Zeitdruck raus und nach der Naturkatastrophe von Tschernobyl wurde 1994 das Projekt eingestellt. Damit hatte sich die Baugenehmigung für das Projekt Lindau-Stausee auch erledigt, da 1984 die Baugenehmigung dafür abgelaufen war.

 

Auch das Punpspeicherkraftwerk Atdorf südlich des Hornberg Beckens hatte sich 1977 erledigt. Denn 1974 hatte die RWE AG als Teilhaber der Schluchseewerk AG den Ausstieg aus dem Projekt verkündet. Die EnBW als verbliebener Teilhaber stieg 1977 aus dem Projekt ebenfalls aus.


Krai Woog Gletschermühle

 

 

 

Freitag, 25. September 2020

Was verbirgt sich hinter dem Rohrhardsberg?

Elzach vom Rohrhardsberg

Die Wäldergemeinde Rohrhardsberg –heute ein Ortsteil von Schonach- wurde 1335 erstmals urkundlich erwähnt. „Das religiöse Leben würde sehr im Argen liegen“. Rohrhardsberg war zu jener Zeit nach Elzach eingepfarrt. Der Ort, der nahezu von Anfang an zur Herrschaft Triberg gehörte, zählte 1525 „vil huser von gemeyen lutten“ – also von armen sozialschwachen Bewohnern. Hirten, Köhler und Harzer besiedelten das Gebiet. 1805 kam Rohrhardsberg mit Triberg von Vorderösterreich zum Großherzogtum Baden. 1816 wurde Rohrhardsberg eine Vogtei mit 32 zerstreut liegenden Höfen und 282 Bewohnern. 1947 waren es noch 200 Bewohner und 1971 wurde Rohrhardsberg freiwillig nach Schonach eingemeindet.

 

Der Rohrhardsberg war ziemlich unerschlossen, da er abseits der Handelswege lag. Bis 1789 gab es nur einen schmalen Saumpfad von Elzach, Yach, Triberg. An der Elzschlucht und dem oberen Elztal war das Gebiet wegen Felssperren nahezu unzugänglich. Das Elztal erhielt erst Ende des 19. Jahrhunderts einen Schluchtweg. Die heutige Querverbindung von Schonach wurde erst 1843 fertiggestellt. Topographisch ist der Rohrhardsberg ein schwieriges Gelände. Der tiefste Punkt im Elztal liegt bei 600 m und der höchste Höhenrücken bei 1163 m. Die Gemarkungsfläche von 1165 ha besteht aus über 80% Wald und der Rest sind Weiden.

 

Die Weltabgeschiedenheit des Rohrhardsberges hielt das Kriegsgeschehen fern, wenn auch das Gasthaus „Schwedenschanze“ oder das „Schwedenkreuz“ auf den Dreißigjährigen Krieg hindeuten. Das ehemalige Gipfelkreuz „Schwedenkreuz“ wurde 1991 restauriert und beim Schänzlehof aufgestellt. 1688 bekam im Pfälzer Erbfolgekrieg der Rohrhardsberg  österreichisches Militär, die Schanzen gegen die Franzosen bauten. Später wurde der Rohrhardsberg in die Verteidigungslinien einbezogen, die von Bad Säckingen über die hiesigen Höhen bis Pforzheim angelegt wurden. Die Befestigungen bestanden aus Gräben, Schanzen und Redouten wurden vom Landsturm verteidigt. Die Gemeinde Rohrhardsberg hatte 9 Mann zum Landsturm zu entsenden, davon hatten nur 6 eine Feuerwaffe. Nach 1714 verfielen die Anlagen. Noch heute sind vor dem Gipfel im Wald die ehemaligen Wälle der Schanzen deutlich zu sehen.

 

Der Wald lud natürlich die Köhler und das große Gefälle in der Elzschlucht lud die Edelsteinschleifer aus Waldkirch ein. Geschliffen wurden einheimische Steine, Blutsteine aus Hammereisenbach, Mineralien aus Todtnau, Granate aus dem Kinzigtal und Achate vom Hünersedel. Aber  auch Steine aus Südtirol, Schweiz, Zillertal und Böhmen wurden geschliffen. Waldkircher und Freiburger Händler sowie Italiener –damals Venediger genannt- nahmen die Waren ab. Die Hofgüter „Korallenhäusle“, „Schleife“ und „Venedig“ weisen noch auf das untergegangene Gewerbe hin. Auch wie überall im Oberamt Triberg wurde auch auf dem Rohrhardsberg die Strohflechterei als Erwerbstätigkeit der Bevölkerung betrieben.  Heute geblieben sind die Landwirtschaft und der Fremdenverkehr. Zahlreiche Wanderwege so auch der Rundweg „U(h)rwaldpfad“ mit 9 km aus dem Elztal führen über und um den Rohrhardsberg.

 

Ein sehnlichster Wunsch blieb den Rohrhardsbewohner  verwehrt, nämlich eine eigene Kirche. So gibt es nur zwei Hofkapellen. Einer der Ramselhofbauern pilgerte regelmäßig nach „Maria Einsiedeln“. Einmal folgte der Hofhund heimlich seinem Herrchen. Als er sein Ziel erreicht hatte und vor dem Altar der Wallfahrtskirche niederkniete, sprang ihn plötzlich sein Hund voller Freude an. Diese Geschichte ist in einem Deckengemälde der Klosterkirche festgehalten.

Schänzlehof mit Kapelle



 


 

 

Freitag, 18. September 2020

Was verbirgt sich hinter der Schramberger Strohmanufaktur?

 


Die Region Triberg war bekannt durch die Strohflechterei, die maßgeblich vom Triberger Obervogt Huber von (1758-1816) als Armenbeschäftigung gefördert und unterstützt wurde. Viele Familien auf dem Schwarzwald wussten nicht, wie sie die vielen hungrigen Mäuler stopfen sollten.

 

Im württembergischen Schramberg herrschte eine ähnliche Situation der Bevölkerung. Nur im Gegensatz zum Pietismus, der in Württemberg vorherrschte, galt Armut im katholischen Schramberg als selbstverschuldet. Die Armen sollten nicht von Almosen leben sondern sich ihren Lebensunterhalt selbst verdienen. Daher galt Arbeitsbeschaffung als höchste Tugend im Württemberg des 19. Jahrhunderts.

 

So wurde von 56 Männern der Gemeinde Schramberg wie Schultheiß Jegglin, Pfarrer Herligkofer und Armenpfleger Wolber 1832 die „Strohmanufaktur als Armenbeschäftigung-Anstalt auf Actien gegründet“. Sie sollte die Not lindern. Selbst der König von Württemberg kaufte Aktien.

 

Zuerst wurden  Strohgeflechte und dann Hüte fabriziert. Aber mangelnde Kenntnisse in der Strohfertigung bei diesem neuen Industriezweig, der gemeinnützig und damit steuerfrei arbeitete, führten als bald zu der Situation, dass die Einlagen aufgebraucht waren. 1838 konnte der Kaufmann Johann Peregrin Haas für die Leitung gewonnen werden und führte die Aktiengesellschaft als „Industrie Anstalt Schramberg“ weiter. Mit seiner Kapitalzufuhr und staatlicher Unterstützung gelang es ihm das Unternehmen zu stabilisieren.

 

1840/41 konnte Johann Haas den über weit reichende Handelsbeziehungen im Strohgeschäft verfügenden Schweizer Johannes Tobler für sein Unternehmen gewinnen. Dieser ließ anfänglich die Fertigung von Strohtaschen und später von Strohhüten anlaufen. Er importierte das Grundmaterial der Latanier-Palme aus der Karibik. Der Vorteil war, dass die Produkte eine größere Haltbarkeit gegenüber dem herkömmlichen Stroh besaßen. Der Erfolg drückte sich in der Ausdehnung der Strohflechterei als Heimarbeit auf 30 Nachbargemeinden  von Schramberg aus.

 

Johannes Tobler entdeckte den talentierten Erhard Junghans bei der Majolika, ließ ihn technische, kaufmännisch und sprachlich ausbilden. Der spätere Gründer von Junghans-Uhren erschloss in Frankreich und der Schweiz neue Märkte. Mittlerweile als Geschäftsführer und Teilhaber aufgenommen, beschäftigte das blühende Unternehmen bis zu 6.000 Menschen.

 

1854 wurde die Aktiengesellschaft aufgelöst und als „Strohmanufaktur J.P. Haas & Cie“ neu gegründet. Sie errichtete zusätzlich eine Färberei und Leimsiederei. 1860 kamen eine Dampfmaschine, Hutpressen und Webstühle hinzu. Die produzierten Artikel wurden in ganz Deutschland, Österreich, Schweden Norwegen, England und den USA vertrieben. Auf zahlreichen Industrieausstellungen wurden deren Produkte ausgezeichnet.

 

Nach dem Tode von Johann Haas führten dessen Söhne und Schwiegersohn das Unternehmen weiter. Mittlerweile hatte sich kostengünstige Konkurrenz aus dem Allgäu auf dem Markt etabliert. Zusätzlich mit dem Beginn des Ersten Weltkrieg 1914 und den daraus folgenden Turbulenzen zeichnete sich das Ende des Unternehmens ab.

 

Freitag, 11. September 2020

Was verbirgt sich hinter dem F. F. Revierförster Kolumban Kaiser?

Nachdem das französische Heer unter Marschall Jourdan durch die Österreicher unter Erzherzog Karl im Hegau Frühjahr 1799 entscheidend geschlagen worden war, trat die Donau-Armee in drei Heeressäulen den Rückzug über den Schwarzwald an. Der rechte Flügel unter Divisionsgeneral Ferino war mit 12.000 Mann bis Neustadt gezogen und hatte auf der Linie Rötenbach, Hochfirst, Kappel und Lenzkirch ihre Lager aufgeschlagen. Sie wollten sich wieder ordnen und vor allem den Rückzug der Hauptarmee zu decken. Die Franzosen schickten verstärkte Patrouillen aus gegen Dresselbach, Grünwald und Gündelwangen wo die Österreicher standen. Die Lenzkircher  und diejenigen aus der Umgebung hatten in den Jahren zuvor die verheerenden Erfahrungen mit den durchziehenden Truppen gemacht, die alles raubten was nicht niet- und nagelfest war. Denen blieb nur die Flucht in die Wälder, um das nackte Leben zu retten. In dieser großen Not beschloss  Kolumban Kaiser unter Einsatz seines Lebens seinen bedrängten Landsleuten und den österreichischen Soldaten zu helfen.

 

Kolumban Kaiser (1753-1824) aus Lenzkirch war dort Fürstlich Fürstenbergischer Revierförster. Dadurch kannte er die ganze Gegend „wie seine Hosentasche“. Er bot dem Kommandanten der österreichischen Truppe,  General von Klingling, der sein Lager bei Grünwald, Holzschlag und Bonndorf hat aufschlagen lassen, seine Dienste als Wegführer durch die ihm bekannten Gebirgswaldungen gegen den Feind an. Dies war umso wichtiger, da die Franzosen sämtliche Anmarschwege durch gefällte Bäume und Verhaue gesperrt hatten.

 

Am 4. April 1799 hatte Kolumban Kaiser in österreichischer Uniform gekleidet an der Spitze des 8. Infanterie-Bataillons unter Hauptmann Radwojevich marschierend die Soldaten an den Feind herangeführt. Aber nicht nur das sondern mit „seinem eigenen Schießgewehr focht er in der ersten Reihe und erlegte mit jedem Schuss einen Mann“. Das brachte ihm die Bewunderung der österreichischen Soldaten ein, die sagten: „Er sei zwar ein langsamer Lader, aber ein sicherer Treffer“.

 

Insgesamt waren am Kappler-Berg 4.000 österreichische Soldaten im Gefecht verwickelt und schlugen die Franzosen zurück. Allerdings erhielten die Franzosen Verstärkung aus Neustadt, so dass die ungestüm nachstoßenden Österreicher in ernste Gefahr kamen, abgeschnitten und gefangen genommen zu werden.  Aber die Vertrautheit mit dem Gelände, die Kenntnis der geheimsten Schleichwege machte es Kolumban Kaiser nicht nur möglich, die bedrängten 4 Offiziere und 135 Soldaten in kürzester Zeit ohne Verluste aus der bedrohlichen Umzingelung zu befreien, sondern sie sogar wieder vor die Front der erstaunten Franzosen zu führen. Zwar konnten die Franzosen nicht vernichtend geschlagen werden, fühlten sich aber so bedroht, dass sie am nächsten Morgen  die Stellungen räumten und hinter den Rhein zurückflohen.

 

Über Kolumban Kaiser gingen alsbald Gefechtsberichte in voller Würdigung seiner Verdienste nach Wien. Am 2. August 1799 wurde ihm für seine Verdienste um die Schlacht am Kappler Berg die große goldene Civil-Ehren-Medaille vom österreichischen Obristenlieutnant Mayer von Heldenfeld unter Anwesenheit seiner Vorgesetzten in Donaueschingen verliehen.

 

Die Würdigung seiner Tat fand in der Ortschronik von Lenzkirch  1845 ihren Niederschlag. Ein Freilichtspiel „Kolumban Kayser“ 1934 von Paul Körber, das zur 200 Jahrfeier von Lenzkirch aufgespielt wurde, führte vollends zur Glorifizierung als „Helden unserer Heimat“.

 

Auf der Kappler-Höhe erinnert heute noch das Franzosenkreuz an diese Schlacht.

Kappler-Höhe Franzosenkreuz