Freitag, 27. Juni 2025

Was verbirgt sich hinter der Margarethen-Legende, eine alte Flößersage?

Margarethenkapelle Schlosskirche Pforzheim

Zu allen Zeiten gab es Judenverfolgungen und Judenprognomen. Diese wurden durch die Kreuzzüge und dem Vorwurf des Gottesmordes hervorgerufen. Denn schon zur Stauferzeit werden diese durch den angeblichen Vorwurf der Ritualmorde an Christenkinder erstmals hervorgerufen. Denn schon Kaiser Friedrich II, spricht nach eingehenden Untersuchungen, jüdische Konvertiten, Juden von dieser Blutbeschuldigung frei. Aber doch gibt es immer wieder Ausschreitungen. Neben religiösen Fanatismus und finsteren Aberglauben ist auch nackte Habgier verschiedentlich Anlass zu den Judenmorden, bei denen es nur auf die Vernichtung drückender Schuldscheine oder Raub auf jüdischen Guts ankommt. Da den Juden Grundbesitz ebenso wie Teilhabe an Gilden und Zünften versagt war, treten sie immer wieder als Geldverleiher auf, weil sie wegen des kanonischen Zinsverbots am ehesten in Frage kamen. Aber nun zur Margarethen-Legende:

Ein altes Weib verkauft in Pforzheim aus schnöder Gewinnsucht ein siebenjähriges Mädchen namens Margarethen an die Juden. Diese verstopfen ihm den Mund, öffnen die Adern und umwinden es, um Blut aufzufangen, mit Tüchern. Nachdem das Kind unter der Marter gestorben war, wird es von den Juden unterhalb des  Schleiftors in die Enz geworfen und mit einer Menge von Steinen beschwert. Nach etlichen Tagen reckt es die eine Hand in die Höhe. Die Schiffer eilen voll Schrecken herbei und zeigen das merkwürdige Ereignis bei der Stadt an. Der Markgraf kommt selbst herbei, und als das Kind aus dem Wasser gezogen wird, richtet es sich empor, bietet dem Fürsten die Hand und fordert ihn zur Rache auf. Dann sinkt es wieder tot zurück. Der Verdacht fällt auf die Juden und sie werden zusammengerufen. Wie sich dem Leichnam nähern, fangen die Wunden wieder an zu bluten. Darauf gestehen die Juden die Gräueltat,  das alte Weib ebenfalls. Sie werden allesamt gerädert oder gehängt. Der Leichnam des Kindes kommt in einen steinernen Sarg. Dieser wird in der Schloss- und späteren Stiftskirche St Michael beigesetzt und trägt in Latein die Aufschrift: „Margaretha, von den Juden umgebracht, starb seeliglich am Freitag den 1. Juli 1267“.

Wie kann diese Legende auf ihren wahren Gehalt zurückgeführt werden: Unstrittig ist, dass das Nürnberger Memorbuch von einer Judenverfolgung um diese Zeit aus Pforzheim berichtet. Zu Ehren des Mädchens wird an der Nordseite des Langhauses der Schlosskirche eine Kapelle, die „Margarethenkapelle“ angebaut, an deren Außenseite als Wasserspeier ein Judenkopf zu sehen ist. Auf der Spitze des Pfeilers befindet sich eine Sitzfigur, des Mädchen Margarethe mit Krone und langem, von einem Schnallengürtel zusammengehaltenen Gewand.

Die Geschichte des siebenjährigen Kindes Margaretha, das in Pforzheim ermordet worden sei, wurde erstmals durch den Predigermönch Thomas von Cantimpré (1201-1270) aus dem heutigen Belgien schriftlich erwähnt. Das von den Juden getötete Mägdelein fand als die Legende Margarethas in Jacob und Wilhelm Grimms 1816/18 erschienene Sammlung „Deutsche Sagen“ Eingang.

Mit der Einführung der Reformation in Pforzheim hatte der Margarethenverehrung ein Ende gesetzt. Baden war geteilt in die evangelische Markgrafschaft Baden-Durlach, zu der auch Pforzheim gehörte, und die katholische Markgrafschaft Baden-Baden. Gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges ließ der Baden-Badener Hof das als wertvoll angesehene sakrale Objekt aus dem besetzten Pforzheim schaffen, um es dem Zugriff der Lutheraner zu entziehen. Verantwortlich waren zwei Jesuitenpater, die 1647 den Sarkophag in der Schlosskirche öffneten, dokumentierten die darin vorgefundene mumifizierte Kinderleiche und ließen sie nach Baden-Baden überführen. Ab 1649 war die Reliquie in einem vergoldeten Schrein in der Kollegkirche in Baden-Baden aufbewahrt. 1689 ist die Reliquie im Pfälzischen Erbfolgekrieg bei der Zerstörung Baden-Badens durch französische Truppen vernichtet worden.

Freitag, 20. Juni 2025

Was verbirgt sich hinter den Wein-Kuriositäten am Schwarzwaldrand?


Im äußersten Süd-Westen Deutschlands liegt das Markgräflerland. Aber hier beginnt gleich die Schwierigkeit: Ursprünglich war dies die ehemaligen Herrschaften Sauseburg, Rötteln und Badenweiler, später war es das Gebiet, das zur Markgrafschaft Baden-Durlach gehörte und protestantisches Gebiet im katholischen Vorderösterreich war. Die Weinliebhaber bezeichnen aber es als das Gebiet vom Hochrhein bis südlich von Freiburg wo eben der Markgräfler-Wein angebaut wird.

Der typische Markgräfler-Wein ist der Gutedel, der in diesem rund 3000 Hektar großen Weingebiet angepflanzt und auch nur hier getrunken wird. Eine sehr alte Weinsorte, die 1780 vom Mark Karl Friedrich von Baden aus der Schweiz, vom Nordufer des Genfer Sees gelegenen Vevey, ins Markgräflerland gebracht worden sein soll. Dort ist er als Fendant und in Frankreich als Chasselas bekannt. Allerdings gibt es auch Weinexperten, die behaupten, dass die Römer die Weinrebe über die Alpen gebracht hätten und diese in der Badenweiler Gegend angebaut hätten.

Erstaunen gibt es, wenn Weintrinker in der mittleren Ortenau einen Riesling bestellen und einen Klingelberg serviert bekommen. Zumindest ist dies in den Weinorten Oberkirch, Ortenberg und Offenburg üblich. Der Schlossberg bei Durbach hat ein Gewann namens Klingelberg, den obersten Teil des Schlossbergs direkt bei Schloss Staufenburg. Der Markgraf Carl Friedrich von Baden hatte 1782 dort erstmals 2200 Rieslingreben gepflanzt. Da früher Eisenerz dort verhüttet wurde, stießen die Winzer mit ihren Hacken immer wieder auf Eisenerzklumpen, die einen klingenden Ton ergaben. Daher der Name für einen guten Riesling aus der mittleren Ortenau.

Im Weinbaugebiet der mittleren Ortenau liegt der bekannte Weinort Durbach, eingemeindet nach Offenburg. Hier werden 430 Hektar Rebflächen bewirtschaftet. Dominant im Anbau ist hier Savagnin Rose oder Roter Traminer, der hier als Clevner bezeichnet wird, sonst bekannt als Gewürztraminer, im Elsaß als Weißburgunder oder Pinot blanc auf dem Markt. Nicht zu verwechseln mit dem blauen Frühburgunder in Württemberg, der dort ebenfalls Clevner genannt wird. Der Name kommt von der Stadt Cleven –altdeutscher Name für Chiavenna, eine kleine Gemeinde in der Provinz Sondrio Lombardei.

Überraschend für auswärtige Weintrinker taucht außerhalb Mainfrankens im Vorland von Baden-Baden die Boxbeutelflasche auf. Sehr zum Unmut und Ärger der Franken werden bei den Winzergenossenschaften Neuweier, Varnhalt, Steinbach und Umweg die besseren Gewächse in der publikumswirksamen Bocksbeutelflasche abgefüllt. Dieser Unsitte –in fränkischen Augen- sollte endlich ein Riegel vorgeschoben werden.

 

Die gründliche, fränkische Recherche ergab: Franz-Philipp, Freiherr von Katzenellenbogen, gestorben im Jahre 1816, hatte als letzter seines Geschlechtes den gesamten Familienbesitz in Neuweier, Mainz und Würzburg in einer Hand. Gleichzeitig war er auch Bischof von Eichstätt in Mittelfranken. Er ließ sich den Wein aus seinen Neuweierischen Rebbergen in Bocksbeutelflaschen abfüllen und zusenden. So hat sich nachweislich der Bocksbeutel im Schlossgut Neuweier eingebürgert. Zähneknirschend mussten dies die Franken aus historischen Gründen zugestehen.

 

Seit dem Jahre 1923 hatten neben dem Schlossgut auch die Neuweierischen Winzer unangefochten, weil zunächst unbemerkt, ihre besten Gewächse auch in Bocksbeutel Flaschen abgefüllt. Diese Bocksbeutel Exklave am Oberrhein wurde 1960 um die Winzergenossenschaften Neuweier, Varnhalt, Steinbach und Umwegen legal erweitert.

 

Freitag, 6. Juni 2025

Was verbirgt sich hinter dem Sterben der Uhrmacherfabriken im Hochschwarzwald?

Lorenz Furtwängler 1807-1866 als Uhrenträger

In den Städten Triberg, Furtwangen, Neustadt und Lenzkirch und deren Umgebung gab es eine Vielzahl von Uhrmacher und Uhrmachermanufakturen, die ihre Uhren hinaus in die Welt tragen ließen. Produziert wurden Kuckucks- und Stockuhren, Regulatoren, Bodenstand-, Bürouhren und Wecker.

 

Bekannt, um nur einige zu nennen, waren Lorenz Furtwängler & Söhne (LFS) aus Furtwangen, Schöpperle & Hauser die spätere Aktiengesellschaft für Uhrenfabrikation in Lenzkirch, Uhrenfabrik Winterhalder & Hofmeier in Neustadt wie auch letztlich die Badische Uhrenfabrik (BadU) in Furtwangen. Am Beispiel von LFS wird die Problematik aufgezeigt.

 

Lorenz Furtwängler (1807-1866), ein tüchtiger Uhrmachermeister, begann 1836 in Gütenbach später im Schwefeldobel von Neukirch Uhren herzustellen, so wie viele Uhrmachermanufakturen begannen. Vier seiner Söhne führten das Unternehmen nach seinem Tode weiter und übersiedelten 1868 mit ihrem Betrieb nach Furtwangen, da die notwendige Wasserkraft vorhanden war. 1882 kam eine Dampfmaschine dazu, denn das Werk war auf industrielle Produktion umgestellt worden. Es wurden nicht nur Uhrwerke produziert sondern auch die  gesamte Gehäuseproduktion integriert.

 

Es wurden Wand- und Bodenstandsuhren aber auch Wecker hergestellt. LFS erlangte mit ihren Uhren Weltruf und zählte zu den ältesten und maßgebendsten Hersteller für massive Großuhren in Deutschland. Wie auch die anderen Firmen wurden im In- und Ausland zahlreiche Auszeichnungen und Medaillen abgeräumt.

 

Mit dem Erfolg der Uhrenmanufakturen kam das schnelle Wachstum, und das musste finanziert werden. Fremde Kapitalgeber oder Unternehmenszusammenschlüsse waren notwendig, um die laufende Expansion zu finanzieren. So wurde auch LFS  1895 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. 1898 waren 143 Mitarbeiter beschäftigt.  Dies war nicht genug, LFS suchte den Zusammenschluss mit dem Schiele & Bruchsaler-Industriekonzern Baden-Baden. 1900 nutzte man die Erfahrung des Georg Stehling, der ein geschätzter Spezialist für Großuhren war.

 

Nach und nach schieden die Lorenzbrüder altershalber aus und Georg Stehling wurde immer mehr die leitende Figur des Unternehmens. Um zur Versorgung des russischen und polnischen Marktes hatte man in Warschau eine Weckerfabrik gegründet. LFS beschäftigte 1925 über 500 Arbeitskräfte.

 

Wie viele andere Schwarzwälder Uhrenfabriken wollte man nicht nach dem Ersten Weltkrieg und in den 20er Jahre des 20. Jahrhunderts auf die billigere amerikanische Uhrenproduktion umzustellen. Man blieb bei der qualitativ hochwertigen aber teuren Uhrenproduktion. Die Firmenleitung von LFS versuchte alternativ auf den wachsenden Markt der Schreibmaschine aufzuspringen und brachte 1925 eine namens „Cardinal“ auf den Markt. Von soliden Uhren verstand die Unternehmensleitung etwas, die Probleme der Schreibmaschine bekam sie aber nicht in den Griff. Damit war das Aus von LFS eingeläutet.

Das Geschäft mit den amerikanischen Uhren und deren Produktionsmethoden machten die Firmen Junghans in Schramberg, Mauthe, Kienzle in Schwenningen und Kaiser in Villingen. Aber sie standen alle Anfang der 50er Jahre vor dem gleichen Problem, dass sie die Umstellung auf das neue  Zeitalter von elektrischen Uhren und später in den 70er Jahren das Quarzzeitalter verpassten, da sie beim alten Produkt und deren Produktionsmethoden verharrten.