Freitag, 25. April 2025

Was verbirgt sich hinter dem letzten großen Flößer?

Trautwein 1818-1898

Im Schwarzwald haben sich hauptsächlich an der Kinzig, Murg, Enz und Nagold immer mehrere kapitalkräftige Unternehmer zu einer Handelsgesellschaft, der Schifferschaft, zusammengeschlossen. Nur so konnten die Flüsse und Bäche zu Floßstraßen mit Wehren, Stauweieren zum Flößen vorbereitet, große Holzmengen eingekauft, zu Flößen zusammengestellt und das Flößen des Holzes finanziert werden.

In solch eine Schifferschaft wurde –hier die von Schiltach- Adolf Christoph Trautwein (1818-1898) hineingeboren. Der Vater Christian Wilhelm war Schiffer und Holzhändler, seine  älteren Brüder Ulrich und Johannes hatten sich als Flößer auch schon bewährt. Schon als Neunjähriger durfte der kräftige Bursche mit seinem Vater auf dem Floß von Schiltach nach Kehl flößen. So lernte er als Junge das harte Leben der Flößer kennen: Am Ende des Winters die Holzstämme, die auf der Polter lagen, im eiskalten Wasser zu Flößen zusammen zu binden. Die gefährliche Floßfahrten auf reißenden Bächen, das Umbinden zu größeren Flößen auf der Kinzig und dann das Flößen mit dem Überwinden der verschiedenen Wehren. Nicht umsonst stand dem Flößer für die harte arbeitsreiche Arbeit 3 Liter Wein oder 5 Liter Bier pro Tag zu. Nur so war die harte Arbeit zu ertragen.

Die Französische Revolution 1789-1799 führte zu einem starken Rückgang der Kinzigflößerei, da auch Straßburg mit in die Revolution hineingezogen wurde. Was lag näher als das Augenmerk auf den Hochschwarzwald zu richten. Um von Schiltach nach Rothaus, dem Standortquatier zu kommen, war immer ein 14stündiger Fußmarsch notwendig, der später immer nachts durchgeführt wurde, um möglichst wenig Zeit zu verlieren. Riesige Waldbestände, billiges Holz, die auf das Flößen warteten, fanden sie hier. Mit ihrem Wissen waren die Schiltacher Flößer gleich dabei, die Wutach 1832 floßbar zu machen und Schwallweiher mit Wehren anzulegen. Bei Unterlauchingen wurde, um die Stromschnellen zu umgehen, ein Kanal von 120 m in den Fels gesprengt. Auch wurden zwei Sägewerke bei Stühlingen und Bannschachen am Rhein bei Waldshut errichtet.

Als Sechzehnjähriger wurde Adolf Christoph Trautwein beim Floßbarmachen der Steina und dem Flößen der Holzbestände eingesetzt. Das Problem auf der Wutach und Steina war, dass das Schwellwasser im klüftigen Kalkfels immer wieder verschwand. Die Flöße lagen dann trocken. Trotz der Schwierigkeit wurde große Mengen Holz für billiges Geld gekauft und über Steina und Wutach abgeflößt.

Als besonderes Geschäft von Trautwein galt der Kiefern-Akkord mit dem Grafen von Bodmann. Am Bodensee wurden die Kiefernstämme eingebunden, mit dem Dampfschiff nach Konstanz gezogen, den Rhein bis Schaffhausen geflößt und mit dem Wagen um den Wasserfall transportiert. Dann konnten die wieder zu Flößen zusammengebauten Kiefern rheinabwärts bis Laufenburg geflößt werden. Wegen der Stromschnellen musste das Floß den Laufenknechten übergeben werden. Von Basel bis Kehl konnte wieder in eigener Regie geflößt werden. Nach Abzug der Kosten blieb ein Verlust übrig. Deswegen verfolgte Trautwein diesen Geschäftszweck nicht mehr weiter und verlegten sich wieder auf das Geschäft auf der Kinzig und dem Oberrhein. Dieses brachte viel Arbeit und Geld in das obere Kinzgtal.

Aber die Anzeichen, dass die Flößerei zur Neige gehen würde, waren unübersehbar. Mitte der 1860er Jahre wurde die Straße von Wolfach nach Schiltach gebaut. Durch den Krieg 1870/71 flohen viele Straßburger Holzhändler nach Frankreich, der Handel brach ein. Mitte der 1880er Jahre wurde die Kinzigtal-Eisenbahn fertigstellt.

Es war viel effizienter das Holz auf Straße oder Eisenbahn zu transportieren als zu flößen. Dies führte dazu, dass Trautwein 1889 den Holzhandel aufgab, denn er hatte feststellen müssen, dass das Alter dem noch so robusten Körper seinen Tribut forderte. Er ließ sich schon 1889 zum Bürgermeister von Schiltach und 1889 zum Kreisrat in Wolfach wählen, bis dann 1898 der Tod an seine Haustür klopfte.

Freitag, 18. April 2025

Was verbirgt sich hinter dem Engländerdenkmal am Schauinsland?


Eine Wandergruppe bestehend aus 27 Schülern zwischen 12 und 17 Jahren und der junge Deutschlehrer von der Strand School in London brachen zu einer Schwarzwaldwanderung im Jahre 1936 auf. Als sie am 16. April nach langer Zugfahrt in Freiburg ankamen, genossen sie noch unbekümmert die Schwarzwaldstadt.

Am nächsten Morgen sollte es dann losgehen: Von der Jugendherberge Petershof in der Innenstadt über den Schauinsland, Notschrei zur Jugendherberge Radschert in Todtnauberg. Eine über km 20 km lange und mit 1000 Höhenmetern selbst für geübte Wanderer anspruchsvolle Wanderung. Der Lehrer, Kenneth Keast, 27 Jahre alt, hat sich die Reise im Reisebüro empfehlen lassen. So unbekümmert waren auch die Vorbereitungen. Trotz winterlichen Verhältnissen trugen die Schüler Sommerkleidung, leichte Schuhe, kurze Hosen, keine Kopfbedeckung. Statt einer guten Wanderkarte diente dem Lehrer nur eine Übersichtskarte vom Reisebüro im Maßstab 1:100.000. Als Wanderproviant gab es zwei Brötchen für jeden sowie eine Orange. Das war’s!

Am Vortag war der Lehrer schon vor einem drohenden Unwetter informiert worden, er meinte jedoch, dass Engländer schlimmeres Wetter gewohnt seien. In der Jugendherberge hing am Wandertag der Wetterbericht aus, der auf einen Wetterumschwung hinwies, denn es fing schon morgens an zu schneien. Als Mahnung gab der Herbergsvater mit auf den Weg, dass sie auf keinen Fall die zugeschneiten Wanderwege nutzen sondern auf der Fahrstraße bleiben sollten. Trotz aller Mahnungen verließ die Gruppe in Günterstal die Fahrstraße Richtung Berggasthof St Valentin. Prompt verlief sich Lehrer Keast, denn er wanderte wieder Richtung Freiburg zurück. Als er nach nahezu zwei Stunden wieder beim St Valentins vorbeikam, erkundigte er sich bei der Wirtin nach dem Weg. Doch auch hier riet die Wirtin dringend von einer Wanderung zum Schauinsland ab, denn Wege und Schilder seien zugeschneit. Aber unbekümmert erwiderte Keast, dass sie eben den Schnee abwischen würden. Am Kiberfelsen hatten sie sich wieder verlaufen. Eine Stunde später hatten sie erst den Sohlacker erreicht.

Mittlerweile war es 15 Uhr und am Kohlerhau traf die Gruppe zwei Forstarbeiter, die wegen des Schneesturms die Arbeit eingestellt hatten und rieten ihnen dringend, die Wanderung abzubrechen. Aber Keat versuchte über das obere Kapplertal weiterzukommen. Dort traf die Gruppe den Postmann Steiert. Er riet ihnen ebenfalls dringend ab, bei diesem Unwetter weiterzugehen und bot an, sie ins nahe Bergwerkzechheim  zu bringen. Keast lehnte ab und ließ sich weiter den Weg zum Schauinsland beschreiben. Die Wandergruppe kam im hohen Schnee nur noch kräftezehrend voran. Querfeldein ging es die steile Kapplerwand hinauf, so dass die Wandergruppe die ganze Wucht des Schneesturms ins Gesicht bekam. Verbissen hielt Keast am Ziel fest, wenn nicht der Schauinsland zu erreichen war, dann wenigstens nach Hofsgrund zu kommen. Die Gruppe irrte schon über 10 Stunden im Gebiet herum, sie waren durchnässt und verfroren, dehydriert und völlig erschöpft durch das Waten im Tiefschnee. Die Ersten mussten getragen werden andere brachen zusammen.

Gegen 18.30 Uhr hörten die ersten Schüler das Abendläuten der Hofsgrunder Kirche, und um 20 Uhr erreichten die ersten den Dobelhof in Hofsgrund. Dort berichteten die erschöpften Ankommenden, dass Schüler krank im Berg liegen würden. Nun hörte man auch die Hilferufe der am Berg Zurückgebliebenen. Mit ihren Skiern und Hornschlitten gingen die Bauern auf Suche nach den Vermissten und Zusammengebrochenen, die über den gesamten Südhang des Schauinsland verstreut lagen. Nur 15 hatten Hofsgrund erreicht, der Rest hielt jeweils Wache bei den Zusammengebrochenen oder sogar Bewusstlosen. Ein Arzt, der im nahen Gasthaus Halde urlaubte, brachte erste ärztliche Hilfe. Um 23.30 Uhr waren alle geborgen. Vier Schüler konnten nicht wieder belebt werden, der fünfte starb am nächsten Tag in der Klinik.

Die deutsche Regierung ließ anlässlich des Unglücks das Engländerdenkmal bei Hofsgrund 1938 errichten, während der Vater des ums Leben gekommenen Jack Alexander Eaton 1937 an der Stelle, an der sein Sohn starb, ein Eton-Kreuz als „Kleines Engländerdenkmal“ setzen. In der Kirche von Hofsgrund ließen die Eltern der Gerettenden eine Gedenktafel, zum Dank für die spontane Hilfe der Einwohnerschaft, anbringen.

Hofsgrund Eatonstein




Freitag, 11. April 2025

Was verbirgt sich hinter dem "Vaterunserloch"?


„Vaterunserloch“, der Spitzname des bekannten Wallfahrtsort „Todtmoos“ im oberen Wehratal, hat mit seinen 13 Ortsteilen und 2.000 Einwohnern 500.000 Übernachtungen zu verzeichnen. Eine Erfolgsgeschichte, die sicherlich mit der Abgelegenheit im tiefen Hotzenwald auf 700 m Höhe zusammenhängt. Denn bekannt war der Wallfahrtsort bei den Pilgern schon lange, aber er war  für die wohlhabenden Bevölkerungen der wachsenden Großstädte nur schwer zu erreichen.

Aber der Holzabfuhrweg im Wehratal wurde ab 1849 als Landstraße ausgebaut und für den allgemeinen Verkehr freigegeben – Höchstgeschwindigkeit 25 km/h. Auch eine Eisenbahnverbindung von Wehr nach Todtmoos war 1914 nur durch den Ersten Weltkrieg gestoppt worden. Sie sollte die Wiesen-/Wehratalbahn nach Norden verbinden, ebenso wie eine später geplante elektrische Straßenbahn. Denn 1856 war die Hochrheinbahn von Basel bis Bad Säckingen fertiggestellt worden.

Somit war Todtmoos an die Welt nach draußen angebunden, denn schon 1877 waren die ersten Kurgäste angemeldet. Aber nicht nur diese sondern auch Lungenkranke nutzten die frische Waldluft zur Kur. Gaststätten, Pensionen, Lungensanatorien und prunkvolle Hotels wurden gebaut und waren bald bezogen. Die Krönung dieser Entwicklung war 1901 die Eröffnung des privaten Sanatoriums Wehrawald. In dieses hochmoderne, luxuriöse Sanatorium kamen die Tbc-Kranken aus ganz Europa, vor allem aus Russland an. Es war nicht vermessen, aber Todtmoos konnte sich mit Davos hinsichtlich Kurmöglichkeiten, Publikum und Geldadel vergleichen.

Aber der rasante Aufschwung wurde durch den Ersten Weltkrieg gestoppt. Im und nach dem Zweiten Weltkrieg kamen die Familien aus den großen Städten, die dem Bombenhagel entflohen waren, bis das Wirtschaftswunder langsam anlief. Der Rückgang von Tbc-Kranken und die Heilung mit Antibiotika verminderten die Kuraufenthalte mehr und mehr. 1983 verließ der letzte Tbc-Kranke das Sanatorium. Glücklicherweise erfolgte eine Indikationsanpassung auf Krankheiten des Atmungs- und Kreislaufsystems. In kurzer Zeit kamen noch die verschiedenen Krebspatienten hinzu. Parallel  beschloss die Deutsche Rentenversicherung ihr Haus „Sanatorium Wehrawald“ neu zu errichten, um sie den Erfordernissen der heutigen Technik und medizinischen Möglichkeiten anzupassen. Mit 200 Patientenzimmer und zusätzlichen Indikationen ist der Wehrawald der größte Arbeitgeber in Todtmoos.

Manches Kurheim fand auch in der Möglichkeit als Kinderheim Erholungsstätte,  das Überleben bis weit in die 70iger Jahre hinein zu verlängern.

In Todtmoos-Rütte konnte sich ebenfalls eine bleibende Institution etablieren. 1950 begann Graf Dürckheim mit seiner späteren Frau, Maria Hippius,  eine Existentialistische Bildung- und Begegnungsstätte aufzubauen, die exquisite Besucher aus der ganzen Welt anlockte.  Neben Bischöfen, Äbten, Minister, berühmten Patres, Professoren, verschiedene japanische Großmeister und Psychologen, Kinder sehr reichen Industrieller weilten teilweise mehrere Jahre und versuchten durch Meditation und spezielle Therapien, Sinn für das  Leben zu finden. Graf Dürckheim  hat in Deutschland den Zen Buddhismus eingeführt.

Ebenso existieren in Todtmoos-Au das Kama Kagyu Chö Khor Ling e.V., ein Verein für Studium & Praxis des Tibetischen Buddhismus. In Todtmoos selber in der Hochkopfstraße hat sich das Unity-Lehrzentrum Lichtquell, ein überkonfessionelles Seminarzentrum etabliert. Nicht zu vergessen, im katholischen Pfarrhaus hat der Paulinerorden  ein Kloster gegründet.

Freitag, 4. April 2025

Was verbirgt sich hinter den Rennwochen von Baden-Baden?


Die Spielbank in Baden-Baden wurde nach dem Vorbild französischer Schlösser erbaut und 1855 mit viel Pomp eingeweiht. Gleichzeitig übernahm ein unternehmungslustiger Mann von Welt, Edouard Bénazet, als Pächter die Spielbank. Er machte sich Gedanken, wie er verstärkt reiche und illustre Gäste in das Weltbad Baden-Baden bringe könne: Pferderennen nach englischem und französischem Muster sollten ein extravagantes Vergnügen für die erlauchte Gesellschaft sein.

 

Ein geeigneter Platz wurde im Dorf Iffezheim gefunden, und Eduard Bénazet stellte 300.000 Francs zur Verfügung. Nach zwei Jahren war es soweit, Gelände war mühevoll planiert und an der Westseite drei Pavillons erbaut. Einer war für die fürstlichen Familien, einer für geeignete Personen wie geladene Gäste, Clubmitglieder, Pferdebesitzer Reiter und Presse und der dritte für die Zuschauer höheren Ranges gedacht.

 

1858 wurde die Pferderennbahn mit dem „Preis von Schloß Favorite“ eröffnet. Am zweiten Tag erfolgte das mit 14.000 Goldfrancs dotierte Hauptrennen „Großer Preis von Baden-Baden“. Sieben französische und ein deutschen Pferd waren am Start. Das zeigte deutlich, wer in Baden-Baden das Sagen hatte. Die bedeutendste französische Gesellschaftsschicht beherrschte damals Rennen, Spielbank sowie die ganze Stadt. Baden-Baden wurde damals als Vorort von Paris bezeichnet.

 

Die Glanzzeit der Franzosen in Baden-Baden war mit dem 1870/71er Krieg vorbei. Sie schickten keine Pferde mehr nach Iffezheim. Die Zeit wurde durch Armeerennen überbrückt. Zu allem Leidwesen verbot Bismarck das Glücksspiel, so dass die erheblichen Mittel der Spielbank fehlten. Die Iffezheimer Pferderennen wurden aber durch den „Internationalen Club“ –Reitsport begeisterte Adelige aus ganz Deutschland- gerettet und ein glänzender Aufstieg begann, der nur durch zwei Weltkriege unterbrochen wurde.

 

Ab 1921 wurden die Iffezheimer Rennen bürgerlicher und internationaler. Selbst die Franzosen kamen wieder. Selbst 1941, 42, 43 und 44 fanden Pferderennen statt. Die französische Besatzungsmacht beschlagnahmte die Bahn bis 1949 und führte Rennen für französische Offiziere und Unteroffiziere durch. Erst Ende des Jahres wurde die Pferderennbahn freigegeben.

 

Nach der Instandsetzung von Gebäude, Anlage und Gelände wurde 1951 die Pferderennbahn wieder eröffnet und 1958 das 100jährige Jubiläum trotz eines vernichtenden Unwetters mit vielen Schäden an Gebäude und Anlage gefeiert. Die Renntage in Iffezheim überstrahlten mittlerweile die anderen Rennveranstaltungen – selbst das Hamburger Derby hatte ein Nachsehen.

 

Von drei Tribünen: Der Bénazet-Tribüne erbaut 2014, Große Sattelplatz- und die Iffezheimer Tribüne erbaut 1890- können die Rennen verfolgt werden.

 

Mittlerweile veranstaltet die Galopprennbahn Baden-Baden in Iffezheim: Ein Frühjahrsmeeting im Mai/Juni, die Große Woche August September und das Sales & Racing Festival im Oktober. Diese Turniere machen Baden-Baden zum Internationalen Turfsport-Zentrum. Dreimal im Jahr fallen mehrere 10.000 Besucher über Iffezheimher. Nach den Rennen kehrt der Alltag wieder in das Dorf und bis auf  einige Open-Air-Konzerte verfällt die Rennbahn wieder in einen Dornröschenschlaf bis zum nächsten Event.